Wednesday, January 03, 2007

Motassadeq: Dritter Anlauf in Hamburg

Foto: Motassadeq


Mehr als fünf Jahre nach den Anschlägen in den USA vom 11. September 2001 beschäftigt der Fall des Terrorhelfers Mounir El Motassadeq weiter die deutsche Justiz. Das Strafverfahren gegen den Helfer der Todespiloten um Mohammed Atta geht am Freitag in eine weitere Runde.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hatte den Schuldspruch des OLG vom August 2005 gegen den Marokkaner Mitte November 2006 verschärft und das Verfahren lediglich zur Festsetzung einer neuen Strafe nach Hamburg zurückverwiesen. Nach Ansicht der Karlsruher Richter ist der 32-Jährige nicht nur der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig, sondern auch der Beihilfe zum Mord an den 246 Passagieren und Besatzungsmitgliedern der am 11. September zum Absturz gebrachten vier Flugzeuge.
Für den 3. Strafsenat des BGH besteht "kein Zweifel", dass der Angeklagte "vorsätzlich Hilfe zur Ermordung" der 246 Opfer geleistet habe. Seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit könne er "nicht deswegen entgehen, weil die Attentäter wesentlich mehr Menschen ums Leben brachten, als er sich vorgestellt hatte". Der BGH führte zur Begründung aus, Motassadeq habe gewusst, dass die Attentäter eines oder mehrere Flugzeuge in ihre Gewalt und zum Absturz bringen und damit eine große Zahl von Menschen töten wollten. Er habe "durch organisatorische Aufgaben" den Attentätern "den Rücken freigehalten" und damit die Begehung der Anschläge "erleichtert und gefördert".
Nach Ansicht des BGH habe das OLG nicht feststellen können, dass der Marokkaner wusste, dass die Flugzeuge in symbol- und opferträchtige Ziele gesteuert werden sollten. Deshalb sei ihm auch in der neuen Verhandlung hinsichtlich der im World Trade Center und im Pentagon getöteten Opfer der nötige Vorsatz der Beihilfe zum Mord nicht nachzuweisen. Die Karlsruher Richter gaben dem Hamburger Gericht aber dennoch mit auf den Weg zu prüfen, ob dem Angeklagten die Tötung von letztlich rund 3000 bei den Anschlägen ums Leben gekommenen Menschen beim Strafmaß "verschärfend anzulasten" ist.
Der 7. Strafsenat des OLG muss in der dritten Runde des Verfahrens ein dem Schuldspruch angemessenes Strafmaß finden. Bislang sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Eine andere Kammer des OLG hatte den Angeklagten im August 2005 im zweiten Anlauf lediglich wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Dass er sich der Beihilfe zum Mord in 3115 Fällen schuldig gemacht habe, sah das Gericht - anders als noch bei der ersten Verhandlung im Jahr 2003 - nicht mehr als erwiesen an. Im ersten Prozess war Motassadeq noch zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Jenes erste Urteil hatte der BGH aber 2004 wegen fehlerhafter Beweiswürdigung gekippt.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft drohen Motassadeq nun "maximal 15 Jahre Haft". Einen Tag nach dem Urteilsspruch war der Marokkaner auf eine Beschwerde von Generalbundesanwältin Monika Harms hin wieder in Haft genommen worden, nachdem der Haftbefehl gegen ihn im April 2006 zwischenzeitlich außer Vollzug gesetzt worden war.
Die Anwälte des verurteilten Terrorhelfers haben mittlerweile beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingelegt. Sie richtet sich gegen die bereits ergangenen Urteile des BGH und des OLG. Wann über ihre Zulassung entschieden wird, steht noch nicht fest. In der Prozessneuauflage wird Anfang Februar das Urteil erwartet. Doch soweit soll es nach dem Willen der Verteidiger gar nicht kommen. Sie kündigten an, den Prozess unter anderem mit Verfahrensrügen zu Fall bringen zu wollen.
(ddp)

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