Sunday, March 11, 2007

Termin: Gerhard Scheit (Wien) im Café Kurzschlusz

Sa., 12.05., 20 Uhr: "Jargon der Demokratie - Über den neuen Behemoth". Mit dem Autor Gerhard Scheit (Wien) im Café Kurzschlusz der FH, Kleiststraße 5, Frankfurt. Anschließend IlI-Party.
„Europa ist zu klein geworden für sich befehdende und sich gegenseitig absperrende Souveränitäten. Ein in sich zerspaltenes Europa ist auch zu schwach, um sich in der Welt in seiner Eigenart und Eigenkraft zu behaupten und sich den Frieden zu erhalten.“ So heißt es in der Denkschrift des Auswärtigen Amtes über die Schaffung eines „Europäischen Staatenbundes“ von 1943. Damals kam es nicht mehr zu langen Verfassungsdiskussionen, der Massenmord an den europäischen Juden hatte absoluten Vorrang. Als Vernichtung um der Vernichtung willen war er zugleich die Triebkraft dieses ersten großangelegten Einigungsversuchs.
Die Verdrängung der Souveränität hingegen, die sich der heutige Staatenbund auf die Fahnen schreibt, vertraut offenbar darauf, daß die treibende Kraft inzwischen ausgelagert ist. Solches Outsourcing nennt man „Dialog mit dem Islam“ und es beinhaltet Toleranz gegenüber Rackets und Unstaaten, die glaubhaft mit der Wiederholung von Auschwitz drohen. Mit dem entschiedenen Vorsatz, hinterher nichts gewußt zu haben, befördert der Jargon der Demokratie, der immer nur das Beste will, das Schlimmste: Nie wieder Krieg heißt jetzt: Friede dem, der den nächsten Massenmord vorbereitet.
Hier von Appeasement zu sprechen, kann in die Irre führen. Es kommt darauf an, wer den Jargon verwendet, welche politische Macht definiert, was Demokratie ist. In den historisch so reichhaltigen „Reserven zur Herstellung des allgemeinen Chaos“ erkannte Karl Kraus schon 1908 die Domäne deutscher Ideologie. Deren „apokalyptischer Reiter“ trägt allerdings keinen wilhelminischen Schnurrbart mehr und zieht auch nicht noch einmal durchs wiedervereinigte „Kerneuropa“; er verkündet die „Verrechtlichung der internationalen Beziehungen“ und läßt geschehen, was er früher selber tat. „Die Aufgaben der Religion, die Menschheit zu trösten, die zum Galgen geht, die Aufgabe der Politik, sie lebensüberdrüssig zu machen …“ (Kraus) Tatsächlich unterscheiden sich die politischen Mächte letztlich immer nur darin, welche Bedeutung dem Ausnahmezustand (wovon der Jargon der Demokratie hartnäckig schweigt) beigemessen wird – dem Faktum also, daß der Souverän oder was sich statt seiner eben etabliert gegebenenfalls das Opfer des Lebens verlangt.

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