Saturday, March 10, 2007

Ultimatum im Internet

Die Geiselnehmer der beiden im Irak entführten Deutschen haben der Bundesregierung ein Ultimatum gestellt. Deutschland müsse innerhalb von zehn Tagen mit dem Abzug seiner Truppen in Afghanistan beginnen, forderten die bewaffneten und maskierten Entführer in einer am Samstag im Internet veröffentlichen Videobotschaft. Sonst würden die Geiseln getötet.
Das Video zeigt die entführte Frau und ihren erwachsenen Sohn. Unter Tränen appelliert die Frau an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), auf die Forderungen der Entführer einzugehen. "Ich bitte Sie, helfen Sie uns", sagt sie. "Sie werden uns umbringen." Sie fügte hinzu: "Wir sind doch auch Deutsche." Zu sehen ist auch der deutsche Reisepass der Frau, wobei der Name der Entführten zu erkennen ist.
Die im Umland von Berlin geborene etwa 60-jährige Frau und ihr Sohn waren am 6. Februar in Bagdad verschleppt worden. Beide leben bereits seit vielen Jahren im Irak. Die Frau ist Medienberichten zufolge mit einem irakischen Arzt verheiratet. Der Sohn soll im irakischen Außenministerium tätig gewesen sein.
Nach Angaben von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) werten Spezialisten des Krisenstabs im Auswärtigen Amt das Bildmaterial derzeit aus. Nach einer ersten Bewertung werde die Analyse des Materials nun verfeinert, sagte Steinmeier in Berlin. Weitere Einzelheiten könne er öffentlich jedoch nicht diskutieren. Die veröffentlichten Bilder nannte er ein "erschütterndes Dokument".
Der SPD-Politiker betonte, der Krisenstab sei seit viereinhalb Wochen dabei, eine Aufklärung des Falles herbeizuführen und die beiden Staatsbürger frei zu bekommen. Steinmeier versicherte: "Wir werden nichts unversucht lassen, die beiden entführten Deutschen wieder gesund zu ihren Familien zu bringen." Den Angehörigen drückte er sein Mitgefühl aus.
Nach Informationen der "Bild am Sonntag" lehnt die Bundesregierung die Forderungen der Entführer trotz der Morddrohung kategorisch ab. Es werde keinen Abzug deutscher Truppen aus Afghanistan geben, berichtet das Blatt unter Berufung auf Berliner Regierungskreise. Sicherheitsexperten werteten das Ultimatum laut Bericht als Drohkulisse für eine spätere Lösegeldforderung.
Die Entführer im Irak seien offenbar enttäuscht vom geringen öffentlichen Echo ihrer Tat in Deutschland, hieß es weiter. Deshalb hätten sie jetzt das Video mit den flehenden Geiseln angefertigt. Derzeit sind in Afghanistan etwa 3000 deutsche Soldaten im Einsatz.
Im Irak waren in den vergangenen Jahren bereits mehrmals Deutsche entführt worden. Vor gut einem Jahr wurden die Leipziger Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke verschleppt. Anfang Mai 2006 kamen sie wieder frei. Im November 2005 war die deutsche Archäologin Susanne Osthoff im Nordirak entführt und rund drei Wochen später freigelassen worden. In beiden Fällen wurde anschließend über Lösegeldzahlungen spekuliert. (ddp)

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