Lesestunde unter Polizeischutz: Der Auftakt der Lesereise von Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (65, SPD) am Dienstag in Potsdam wird unter massivem Polizeischutz stattfinden.
Grund sind linke Demonstranten, die Widerstand gegen den Auftritt im Nikolaisaal angekündigt haben. 100 Teilnehmer wurden angemeldet. Polizeisprecher Mario Heinemann: Die Polizei werde die Vorlesestunde notfalls mit Straßensperrungen schützen. „Wir bereiten einen Polizeieinsatz vor, der angemessen sein wird.“ Der Veranstalter der Lesung verteidigte Sarrazins Einladung. „Man muss konträre Meinungen aushalten“, sagte der Leiter des Brandenburgischen Literaturbüros, Hendrik Röder. Wenn sich für die Meinungsäußerung kein Ort mehr finde, sei das „bedenklich“.
Die Kölner Staatsanwaltschaft prüft derzeit Ermittlungen wegen Morddrohungen gegen Sarrazin. Oberstaatsanwalt Rainer Wolf vom Staatsschutz sagte der B.Z.: „Ein Kölner Bürger hat bei der Polizei angezeigt, dass bei Facebook steht, dass Sarrazin der Tod gewünscht wird. Wir prüfen das jetzt.“ Die Staatsanwaltschaft will später entscheiden, ob sie für die Ermittlungen selbst zuständig ist oder der Fall nach Berlin geht.
Seit Montag hat Sarrazin mehrere Bodyguards. Konrad Freiberg, Chef der Gewerkschaft der Polizei GdP, sagte der B.Z.: „Wenn man wie Sarrazin Personenschutz bekommt, dann muss schon eine ganz konkrete Gefährdungslage existieren. Das sind direkte Anhaltspunkte, nicht mehr nur eine abstrakte Gefahr.“ Eine solche Situation dürfe man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Freiberg: „In Berlin gibt es nur ganz wenige Personen außer Spitzenpolitikern, die Personenschutz bekommen.“
Laut der Bundesbank hatte Sarrazin vor seinem jüngsten öffentlichen Auftritt keine Bodyguards. Wie lange wird der Ex-Finanzsenator Personenschutz brauchen? GdP-Chef Freiberg: „Der Schutz gilt so lange, wie diese Gefährdung existiert.“ Sarrazin nahm Dienstag an der Vorstandssitzung der Bundesbank in Frankfurt/Main teil. Die hat bei Bundespräsident Christian Wulff seine Abberufung beantragt. Er will darüber spätestens kommende Woche entscheiden.
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