Wednesday, September 14, 2011

Terrorverdächtiger reiste ungehindert aus: Experte hält Berliner Behörden für überfordert

Berlin – In der Überwachung der Berliner Dschihadisten-Szene gab es bei den Sicherheitsbehörden offenbar Engpässe. Nach Informationen dieser Zeitung konnte einer der zwei am Donnerstag festgenommenen Terrorverdächtigen, der Deutschlibanese Samir M.(24), im August 2010 aus Deutschland ausreisen, obwohl er als gefährlich eingestuft und ihm im September 2009 am Flughafen Berlin-Tegel der Flug nach Istanbul verwehrt worden war. Außerdem entzog ihm damals das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten den Reisepass. Trotzdem gelang es M. im August 2010, nach Istanbul zu reisen. Vermutlich nicht über einen Flughafen, sondern über den Landweg.
Über Istanbul werden häufig Dschihadisten in Richtung Pakistan und Afghanistan geschleust, um am „Heiligen Krieg“ teilzunehmen. Erst im Oktober 2010 kehrte Samir M. nach Berlin zurück. In Sicherheitskreisen wird vermutet, er könnte im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet gewesen sein. M. wurde in der Türkei aufgegriffen und nach Deutschland zurückgeschickt.
AnzeigeAngesichts dieser Geschichte weite sich ein „Skandal“ aus, der mit einem vergleichbaren Fall begonnen habe, sagte Guido Steinberg, Terrorismusexperte der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik und ehemaliger Terrorismusreferent im Bundeskanzleramt, am Dienstag dieser Zeitung. Ebenfalls im August 2010 war der Dschihadistensympathisant Fatih K. aus Berlin verschwunden, obwohl die Bundesanwaltschaft gegen ihn ermittelte und der Bundesgerichtshof den Haftbefehl nur unter Auflagen außer Vollzug gesetzt hatte. Eine Auflage war, dass K. sich regelmäßig bei der Berliner Polizei melden musste. Fatih K. wurde dann in der Türkei festgenommen und nach Berlin überstellt. Im April 2011 verurteilte ihn das Kammergericht zu 22 Monaten Haft wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Die unentdeckten Ausreisen von K. und M. seien offenbar eine koordinierte Aktion der Dschihadistenszene gewesen, sagte Steinberg. Ebenfalls im August 2010 hätten weitere militante Islamisten Berlin verlassen, obwohl auch die Gefährlichkeit dieser Leute bekannt gewesen sei. Zumindest zwei dieser Dschihadisten kamen bis nach Afghanistan. Einer der beiden, der Marokkaner Mohammed A., wurde dort im Mai festgenommen.
Es sei zwar richtig, dass die Berliner Sicherheitsbehörden versuchten, Dschihadisten an der Ausreise zu hindern, sagte Steinberg, andererseits seien Polizei und Verfassungsschutz dort mit der Beobachtung dieser Leute offenbar überfordert. Steinberg regte an, die Berliner Behörden sollten öffentlich sagen, wo mehr qualifiziertes Personal benötigt werde, um solche Pannen künftig zu vermeiden.
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pnn.de

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