Friday, December 07, 2012

Euro-´Rettung´: Van Rompuy, Draghi und Baroso gehen aufs Ganze

Nachdem die “Erfolge” der gemeinsamen Währung für viele Menschen in der Eurozone seit Jahren immer greifbarer werden und in den meisten Ländern der Eurozone die Arbeitslosigkeit zwischen 20 und 50% beträgt, ist man in Bruxelles offenbar der Meinung, dass gegen Europas Probleme nur eines hilft: noch mehr “Europa”.
Nun ist es natürlich so, dass Saufen gegen den Alkoholismus noch nie geholfen hat. Aber versuchen Sie mal, diese ebenso simple wie bewährte Spruchweisheit den Herren Van Rompuy, Baroso und Draghi zu verklickern, sehr verehrte Leserinnen und Leser.
Besagte Herren sind nun mit einem Entwurf zur “Rettung” der Eurozone, vor allem aber ihrer eigenen Existenz, in Vorlage getreten (Jean-Claude Juncker haben sie gestern endlich rausgemobbt, obwohl er in Friede Springers Qualitätsprodukt, der “Welt”, faktenwidrig noch immer als Chef der Euro-Gruppe firmiert).
Dieser Entwurf hat es in sich, denn er sieht nicht mehr und nicht weniger vor, als alle Banken der Eurozone unter eine zentrale Aufsicht aus Brüssel zu stellen; also zentrale Planwirtschaft - das hat ja schon immer am besten funktioniert, jaja.
Natürlich ist es so, dass wir die Segnungen des Gemeinsamen Marktes durchaus zu schätzen wissen, und auch am freien Verkehr von Menschen und Meinungen, Waren und Leistungen ist an sich nichts verkehrt, sondern beinahe alles gut und richtig.
Es möchte auch niemand die EU abschaffen – es geht lediglich darum, sie in ein vernünftiges Fomat zu überführen und ihre eklatantesten Defizite (und das sind nicht allein die ökonomischen, beileibe nicht) zu korrigieren.
Natürlich haben Behörden die Tendenz, sich als ihre eigene Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu gerieren, aber mit einem Grundmaß an demokratischer Kontrolle sollte es durchaus möglich sein, die Damen und Herren am Männeken Piss daran zu erinnern, von welchem Geld sie sich jeden Tag die Nase pudern gehen.
Dieses Grundmaß demokratische Kontrolle sucht man in der Brüsseler Beamtendiktatur seit Jahr und Tag vergebens. Was man stattdessen vorfindet, ist ein sogenanntes “Europa-Parlament”, diese ebenso teure wie überflüssige Schwatzbude, die nichts zu sagen, geschweige denn zu entscheiden hat und mehr oder weniger offiziell als eine Art von Sozialleistung für überflüssige Polit-Kader aus den EU-Mitgliedstaaten benutzt wird, als Fensterplatz für abservierte Frühstücksdirektoren (m/w); und damit ist das Brüsseler Pseudo-Parlament noch ausgesprochen freundlich charakterisiert.
Durch ein demokratisches Parlament legitimiert, daran sei erinnert, ist nichts von all dem, was von dieser ziemlich phantastischen Brüsseler Behörde über die Menschen Europas gebracht wird. Und in Entscheidungen des Ministerrates drückt sich der demokratisch-repräsentativ vermittelte Souverän (in der deutschen Verfassung bekanntlich “Volk” genannt) auch nur ausgesprochen mittelbar und sehr, sehr indirekt aus; in homöopatischer Dosis, denn anderenfalls wäre das “Projekt Europa” längst gescheitert.
Denn keine Menschheit bei wachem Verstand könnte blöd genug sein, ihre historisch mühsam errungenen Freiheiten aufzugeben und sich freiwillig einer Diktatur unterzuordnen – nicht für die nobelsten Anliegen der Welt, aber schon gar nicht für Regulationen betreffend Energiesparlampen, Wasserspararmaturen, Salatgurken, den Krümmungsgrad von Bananen und dergleichen mehr.
Natürlich ist gegenwärtig das offensichtliche Gegenteil der Fall. Der empirische Befund enlarvt diese apodiktisch formulierte Prämisse als Wunschdenken; die Menschheit, zuminest ihr “europäischer” Teil, kann sich offenbar in ihrer Mehrheit nichts Schöneres vorstellen, als ein Ende der Freiheit, wie wir sie kennen und schätzenunter Führung der Brüsseler Beamtendiktatur.
Ein deutscher Betriebsrat hat mehr Rechte zur Mitbestimmung, als das EU-Parlament. Und der Ministerrat ist eine jeder noch so mittelbaren demokratischen Kontrolle weitestgehend entzogene Instanz, die im Grunde genommen machen kann, was sie will, und von dieser ihrer Möglichkeit auch überaus regen Gebrauch zu machen scheint.
Das ganze ”Projekt Europa” hat mit Demokratie im engeren Sinnen ganz offensichtlich nichts, aber auch gar nichts zu tun, weshalb der Status Quo sich zurecht nur als das beschreiben lässt, was er ist: als Brüsseler Beamtendiktatur.
Diese Beamtentendiktatur strebt nun, so legt es die Tischvorlage der Herren Van Rompuy, Draghi und Baroso, nach zweierlei: Erstens nach der Kontrolle über alle Banken der Eurozone. Zweitens nach einer Kontrolle über alle nationalen Haushalte, also nach der Budgethoheit – somit also klipp und klar: nach der Entscheidung, was mit dem Geld anzufangen ist, das die EU-Einzelstaaten als Einnahmen erzielen.
Das ganze Doppelpaket nennt sich im Entwurf besagter Herren ebenso hochtrabend wie irreführend “Währungs- und Fiskalunion”, und es will diese Fäkal- pardon: Fiskalunion gleich zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen: Verstaatlichung der Banken und Ausgabe von Zahlungsmitteln durch die Brüsseler Zentrale.
Das dürfte, um es mit den Worten der Familie Corleone zu sagen, ein Angebot sein, das sich nicht ablehnen lässt.
Dass sich derartige Befugnisse nicht, aber auch ganz und gar nicht, mit dem Grundgedanken jedes demokratischen Souveräns – “no taxation without representation”, sinngemäß: keine Besteuerung ohne Selbstbestimmung – vereinbaren lassen, müsste auf den ersten Blick ins Auge springen.
Aber erwarten Sie von den bürgerlichen Parteien (CDU/CSU, FDP) und ihrer Klientel in diesem Punkt bitte nicht allzuviel, liebe Leserinnen und Leser; die “Linke” hingegen, sowohl die demokratische als auch die so genannte “Partei”, wünscht sich indes nichts sehnlicher, als den totalen EU-Superstaat.
Genau darum scheint es den genannten Herren aus Brüssel auch zu gehen: Das Ende der Demokratie, wie wir sie kennen. Sie mag nicht perfekt gewesen sein, aber sie war doch besser als gar nichts, oder etwa nicht, liebe Leserinnen und Leser?
Der erste Punkt auf Van Rompuys, Draghis und Barosos Wunschzettel ist sogar noch etwas delikater als der Zugriff auf die nationalen Haushalte: Er betrifft die Bankenaufsicht. Banken, so ist es in den letzten Jahrhunderten gängige Praxis geworden, emitieren Geld in Form von Krediten, ohne die eine kapitalistische Wirtschaftstätigkeit unmöglich wäre.
Das weiß auch der Staat, der seinerseits nur den regulatorischen Rahmen für diese Wirtschaftstätigkeit anbietet (eine Wirtschaftstätigkeit, die das Bankgewerbe einschließt, denn selbstverständlich handelt es sich bei Banken um Wirtschaftsunternehmen und keine Wohlfahrtsinstitute. Und selbstverständlich sind mit jedem Gewerbe spezifische Risiken verbunden, deren relative Beherrschung nach der klassischen Theorie und Praxis stets vom ebenso relativen Gewinn, und nicht vom Steuerzahler, belohnt werden sollte).
Nun ist es so, dass sich die meisten Staaten im Laufe der letzten drei, vier Dekaden bis zu einem Punkt verschuldet haben, dass sie da aus eigener Anstrengung nicht mehr rauskommen; wären das Wirtschaftsunternehmen, wären sie längst pleite.
Die etwas besser gestellten Staaten leihen sich jedes Jahr in etwa den Betrag, der ihren Zinszahlungen entspricht, und bekommen dafür ein Trippel A von den Ratinagenturen; der Rest ist mehr oder weniger pleite, ziemlich pleite oder ganz und gar pleite. So wie Griechenland, nur schlimmer.
So weit, so schlecht. Wenn nun die Herren Van Rompuy, Draghi und Baroso unter dem Schlachtruf “mehr desgleichen” nach der “Währungs- und Fisklaunion” verlangen, nach “mehr Europa”, dann fordern die genannten Herren nichts anderes die Entschuldung der in Schieflage geratenen Banken durch Staatseinnahmen – eine staatliche Intervention, analog zur Hochtief- oder Opel-”Rettung”, in einem nicht ubedingt klassischen Bereich staatlicher Intervention: dem Bankgewerbe.
Es spricht per se nichts gegen eine EU-Bankenaufsicht – solange auch eine analoge Beördenaufsicht existieren oder wenigstens geplant würde. Diese Behördenaufsicht nennt sich in einer Demokratie “Parlament”; die ist aber in der EU nicht vorgesehen, und nur, weil man sich diese Vokabel auf die Visitenkarten drucken lässt, wird noch keine funktionierende Representation des Souveräns daraus, liebe Mitglieder des EU-Parlaments.
Denn durch die von Brüssel angestrebte Entschuldung der Banken ergibt sich nicht mehr und nicht weniger als die Finanzierung nicht nur der faulen Kredite, sonder auch der Institute in ihrer Funktion als Emittenten von Zahlungsmitteln - somit in letzter Instanz ihre Verstaatlichung und die Ausgabe von Zahlungsmitteln durch den “Staat”, also die Brüsseler Beamtendikatur, selbst.
Kredite, die wegen schlechter Geschäftspraxis hätten abgeschrieben werden müssen (was, nach allem Dafürhalten, das ganz normale Geschäftsrisiko eines jeden Wirtschaftunsternehmens ist, nicht nur der Banken) werden über die Zeit gerettet und mit ihnen ein Geld, das unter realistischen Bedingungen gegen andere Erträge saldiert und ausgebucht werden hätte müssen, durch staatliche Eingriffe im Umlauf gehalten, obwohl es gar nicht existiert.
Eine inflative Tendenz ist dem der EU-Kommission vorgeschlagenen Vorgehen nicht allein immanent, sondern vermutlich strebt der Vorschlag des Ratspräsidenten sie geadezu an; immerhin ist es in der Theorie möglich, Staatsschulden wegzuinflationieren (Japan hat das in den 90ern versucht und man kann nicht behaupten, dass die Theorie in der Praxis geklappt hat, denn hinterher war kein Geld mehr für die Binnenachfrage da, aber warum es nicht noch einmal versuchen, Herr Van Rompuy?).
Was der Vorschlag der Herren dann vor dem Hintergrund der angestrebten EU-Bankenaufsicht anstrebt, ist nicht mehr und nicht weniger als den direkten Zugriff auf die Ausgabe von Zahlungsmitteln – die Lizenz zum Gelddrucken. Eine Lizenz, die unabhängiger als unabhängig vom Gewerbe der Politik gehalten werden muss, wenn die liberale Wirtschaftsordnung funktionieren soll; imerhin sieht man bereits jetzt, was dabei rauskommt, wenn man Politiker mit der Euro-”Rettung” einen Job machen lässt, für den sie offensichtlich nicht qualifiziert sind: eine Arbeitslosigkeit von 20 bis 50%.
Bei der liberalen handelt es sich übrigens um eine Wirtsschaftsordnung, die - ganz nebenbei gesagt - Freedom & Democracy überhaupt erst bedingt und ermöglicht, ohne sie aber auch nicht funktioniert.
Man könnte behaupten, dass das Prinzip der “politischen” Unabhängigkeit in der ehemaligen Bundesbank relativ vorbildlich verkörpert war. Minister Schäubles Einwand, es wäre “vorläufig unmöglich”, die 6.000 Banken in der Eurozone unter eine zentrale Aufsicht zu stellen, trifft sicherlich zu, geht aber am entscheidenen Thema vorbei: Es ist nicht zweckmäßig, dies zu tun.
Es sei denn, man wünscht das Ende realistischer Geldpolitik, was in den Wünschen nach einer eigenen EU-Ratingagentur bereits angeklungen ist: Um sich, in einem infiniten Regress, jederzeit selbst zu bestätigen, dass das eigene Geld das Beste ist – und sich ohne jede Rücksicht auf die Empire, im freiflottierenen Euro-Wahn – gegenseitig vorzulügen, dass alles gut ist, alles bestens, hurra?
Es sei denn, man wünscht sich die Errichtung einer fiskalpolitischen Parallelwelt, in der Behörden nicht nur Kantinenkarten, sondern auch ihre eigenen Zahlungsmittel emitieren; noch dazu Behörden wie die in Brüssel, die nicht einmal einem Mindestmaß demokratischer Kontrolle gehorchen, sondern mehr oder weniger machen, was sie wollen, und das mit erwiesenermaßen desaströsem “Erfolg”.
Wenn die Vorschläge der besagten Herren auch nur annhähernd oder gar “perspektivisch” umgesetzt werden, sollte man bitte auch gleich an Essensmarken und Rationskarten denken; wie praktisch, dass man sich in Bruxelles schon mal ein paar behördliche Gedanken über grüne Gurken, Bananen und Energiesparlampen gemacht hat.
Es ist selbstverständlich nur ein Gerücht, dass die demnächst auszugebenden 10.000, 20.000 und 50.000 Euro Noten mit den Portraits der Herren Van Rompuy, Draghi und Baroso verziert werden sollen.
Selbstverständlich ist davon auszugehen, dass diese Vorschläge in irgendeiner Form beachtet und umgesetzt werden, und sei es auch nur aus Mangel an besseren Alternativen. Denn das haben wir ja von Frau Dr. Merkel bereits gelernt: Dass es nichts Besseres als den Euro gibt, noch jemals geben wird.
Oder wie Jean-Claude Junckers stets betonte: Die europäische Intergation ist eine Einbahnstraße, aus der es kein Entrinnen gibt. Wegen soviel unziemlicher Direktheit musste er gestern gehen und ehrlich gesagt: Andere sollten seinem Vorbild folgen. Die viel beschworene “europäische Integration” scheint nicht nur eine Einbahnstraße, sondern vor allem eine Sackgasse zu sein.

Gerrit Liskow via haolam

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