Thursday, December 20, 2012

Selin Yesil: Wenn Opfer in Wahrheit keine Opfer sind…

…und Kulturrelativisten stillschweigend froh sind über jeden Ehrenmörder, der für das Dogma des Kulturrelativismus kämpft.

Was ist Kulturrelativismus?
Kulturrelativismus ist eine geistes- und gesellschaftstheoretische Pervertierung, die alle Kulturen und Lebensformen ganz wertefrei auf eine gleichwertige Stufe stellt. Das macht er unverhohlen, obwohl er weiß, was er damit anrichtet. Die Verfechter des Kulturrelativismus sind meist selbstverliebte Exoten, die sich intellektuell so erhaben fühlen, dass sie denken, sie hätten einen höheren Auftrag, als einzige Helden, Opfergruppen zu konstruieren und sie dann vor dem Rest der Welt zu beschützen. Bei dieser eigen definierten Mission kommt es Kulturrelativisten auch gerade passend, wenn die konstruierten Opfer weder der Sprache noch der Argumentationstechnik mächtig sind.
Was Kulturrelativisten aber am Meisten hassen als die von ihnen verdrängten Wahrheiten, sind Frauenstimmen, die versuchen, das Schweigen dieser geschützten Kulturgruppen zu brechen.
Jedenfalls sind Kulturrelativisten innerlich heilfroh, wenn Ehrenmörder die abtrünnig gewordenen Frauen rechtzeitig aus dem Verkehr ziehen. Denn dann können sie trumphierend über der von ihnen verschleierten Wahrheit stehen und sich an ihren selbst gemachten “Opferdiskursen” ergötzen.
Ich bin 25 Jahre alt. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen. Die Welt dreht sich sicherlich nicht um mich, aber trotzdem behaupte ich mal, dass ich fähiger bin, die Realität einzuschätzen, als alle Kulturrelativisten zusammen, die sich anmaßen, die Wirklichkeit von fremden Kulturen aus ihren hochkomfortablen und sorgenfreien Perspektiven zu beschreiben. Ich mache ihnen dabei nicht zum Vorwurf, dass sie alle ein mehr oder weniger hochkomfortables und sorgenfreies Leben führen. Zum Vorwurf mache ich ihnen nur ihre Vermessenheit und Verlogenheit, sich ohne Ahnung hinter verbohrten Ideologien zu verstecken, um Sachen zu behaupten, die mit der Wirklichkeit rein gar nichts zu tun haben. Ich habe ein Leben führen müssen, wie eine Frau und Leidensgenossin, die das Pech hatte, in Saudi Arabien, Pakistan, Somalia, Iran geboren zu sein. Ich hatte Glück im Unglück. Ich konnte mir einen Hauch von Freiheit noch erkämpfen und bin glücklich darüber, dass ich es auch irgendwie geschafft habe. Obwohl eine ganze Ideologie meiner Emanzipation suspekt gegenüber steht und versucht, mir ein schlechtes Gewissen einzureden und mich zu etwas zu verdammen, was keine Frau auf der Welt verdient hat, nämlich das islamische Patriarchat.
Hier zum Mitschreiben von einer bald 26jährigen Frau mit türkischen Wurzeln und einem deutschen Pass für alle Kulturrelativisten, die in wissenschaftlichen Studien und politischen Gremien ihr Unwesen treiben und so tun, als wüssten sie von nichts:
Ich kenne das Leben meiner frauenverachtenden islamischen Herkunftskultur sehr gut. Denn dieses Leben existiert dank Kulturrelativisten auch inmitten von Deutschland. Ich habe den hautnahen Vergleich und bin einzig darum sehr froh, dass ich hier geboren bin, nicht in einem anderen muslimisch geprägten Land. Und das nicht aus sozio-ökonomischen Gründen, sondern aus ganz einfachen Gesellschaftskulturellen. Einfach weil ich hier noch eine freiheitliche Kultur und Gesellschaft vorfinde, in der ich mich als Frau nicht ganz wie ein Stück Dreck fühlen muss.
Die Begegnungen mit weiblichen Verwandten in meiner Parallelwelt sind jedes Mal eine Tragödie. Sie leben in der Reinkultur des Patriarchats. Da gibt es auch nichts zu verharmlosen und zu beschönigen. Die Frauen sind den Männern untergeordnet und haben ganz eng gezeichnete Entfaltungs- und Handlungsspielräume. Eigentlich sind sie bloße Trägerinnen der Familienehre, die alles weitere definiert. Das Leben dieser Frauen ist trostlos und zerreißend. Aber das Patriarchat ist in dem Fall nicht nur unvermeidlich, kulturell, sondern auch religiös legitimiert und zementiert, d.h. die Frauen spielen fleißig mit, weil sie glauben, dass sie das so tun müssen, ansonsten braten sie ja ewig in der Hölle von Allah. Ganz großes Kino. Das kann man allen Frauen wärmstens empfehlen, die der westlichen Emanzipation, daraus folgend der rechtlichen Gleichstellung von Männern und Frauen überdrüssig geworden sind und sich nach der klassischen Frauenrolle zurücksehnen. Es gibt noch ganz lebendige patriarchalische Kulturen, wo Frauen nichts oder halb so viel wert sind wie Männer. Es sei denn sie beweisen sich als gute Sklavinnen und Mütter und reproduzieren das islamische Patriarchat. Ansonsten natürlich nicht.
Und was hat das alles mit dem Islam zu tun?
Alles. Neben den unzähligen Problemen, die der Islam in seinem unzerrüttelbaren und kritikfeindlichen Selbstverständnis heute hat, verlangt er von Frauen, sich per se der Männernwelt unterzuordnen. Wer darin Islamophobie erkennt, hat immer noch nicht verstanden, was er damit anrichtet, wenn er den vorherrschenden Islam als religiöse und spirituelle Hochkultur deklariert und ihn gegen jede Kritik verteidigt.
In Afrika gibt es ernsthafte Initiativen, natürlich aus dem Westen initiiert, die mit islamischen Geistlichen verhandeln, damit diese gegen die Genitalverstümmlung von Mädchen predigen sollen. Das ist genauso absurd, als wenn ein Veganer mit einem Metzger vereinbaren würde, dieser solle während des Fleischverkaufs für ein veganes Leben in seinem Laden werben. Islamische Geistliche werden natürlich niemals auf die eigenartige Idee kommen, die Kontrolle der Männerwelt über die Sexualität ihrer Frauen in Frage zu stellen und diese zu gefährden. Das muss man erst mal reflektieren, bevor man anfängt, zu handeln.
Die einigen wenigen muslimischen Länder, wo Frauen nicht dermaßen brutal unterdrückt und gefoltert werden, verschweigen gerne, dass sie hierhingehend unter dem westlichen Einfluss gestanden haben oder stehen. Und Probleme haben jene Kulturrelativisten immense, die universell gedachten aber auch immer selbstkritischen Fortschritte der Aufklärung und Freiheitsrechte, die im Westen eine reale Bedeutung haben, anzuerkennen. Milliarden von Frauen wünschen sich eher eine freiheitliche und rechtlich abgesicherte Lebensform, als umgekehrt ein Leben fremdbestimmt unter einem patriarchalisch-religiösen Diktat. Aber dieser sehr unbequemen und eigentlich grausamen Realität stellt man sich nur, wenn man weiß, was direkte körperliche und seelische Gefangenschaft für das weibliche Subjekt bedeutet.
Sozio-ökonomische Relativierungsversuche und historische Gedächtnislücken nützen dem Kulturrelativmus auch nichts. Denn: Unsere Väter kamen alle freiwillig nach Deutschland. Niemand hat sie hierher gezwungen, sie wollten nach Deutschland kommen und hier Geld verdienen. Sie haben hier gearbeitet. Ganz freiwillig. Wo gibt es für den Normalsterblichen schon das Paradies auf Erden? Von unseren Verwandten ist zum Glück niemand an Hunger und Armut gestorben. Das heißt, dass die Lebensbedingungen in der Türkei objektiv betrachtet zwar wesentlich schlechter waren, aber sie waren nicht die grausamsten. Das sollte man einfach Mal so zur Kenntnis nehmen, ohne sich in seiner heilen Konstrukt-Welt verraten zu fühlen.

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