Tuesday, January 08, 2013

Israel kritisiert künftigen US-Verteidigungsminister

WASHINGTON (inn) – Nun ist es offiziell: US-Präsident Barack Obama hat den früheren republikanischen Senator Chuck Hagel für das Amt des Verteidigungsministers nominiert. Israel zeigt sich brüskiert, auch pro-israelische Politiker in den USA kritisieren die Entscheidung.

„Die jüdische Lobby schüchtert eine Menge Leute hier (im Kongress, d. Red.) ein“, sagte der damalige Senator Hagel (Nebraska) im Jahr 2006. Die Tageszeitung „Die Welt“ druckte am Montag ein Zitat des Politikers, wonach er bei einer anderen Gelegenheit betont habe, „ein amerikanischer, kein israelischer Senator“ zu sein, der ausschließlich Amerikas Interessen zu dienen habe. Nicht nur deshalb ist Israel über Obamas Wahl für das Amt des Verteidigungsministers nicht begeistert: Bereits Wochen vor der offiziellen Bekanntgabe durch den Präsidenten am Montag berichteten israelische Medien von einem „Affront“ gegen den jüdischen Staat.
Mit der Entscheidung für Hagel holt sich der Demokrat Obama wie schon zuvor mit Robert Gates einen Experten der „gegnerischen“ Partei ins Kabinett. Allerdings gilt der hochdekorierte Vietnam-Veteran vielen seiner Parteifreunde als Nestbeschmutzer: Er stimmte zwar für den Irak-Krieg der Regierung Bush, distanzierte sich jedoch später medienwirksam von seiner Entscheidung. Dies führte zum Bruch auch mit gemäßigten Republikanern wie dem Präsidentschaftskandidaten von 2008, John McCain.
Im Anhörungsverfahren zu seiner Nominierung vor dem außenpolitischen Ausschuss des Kongresses wird Hagel aber in erster Linie für seine Israel-kritischen Töne einen schweren Stand haben. „Diese Nominierung ist eine Provokation des Präsidenten für jeden von uns, der Israel unterstützt“, sagte etwa der bekannte Senator Lindsay Graham aus South Carolina. Die Republikaner verfügen im Senat über eine Sperrminorität, Beobachter rechnen mit einer knappen Abstimmung über die Personalentscheidung. Eric Cantor, der einzige Republikaner unter den 22 jüdischen Angeordneten im Repräsentantenhaus, erklärte: „Ich bin hochgradig besorgt und sehr enttäuscht über diese Entscheidung.“
Politiker in Israel zeigten sich brüskiert über die Nominierung Hagels. Reuven Rivlin, Sprecher der Knesset , sieht in der Angelegenheit einen Grund zur Besorgnis, aber nicht zur Furcht: „Hagels isolationistische Politik stellt eine Kursänderung in Amerika dar, die sich auf Israel auswirken wird“, sagte er laut der Tageszeitung „Jerusalem Post“. Das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu wollte sich nicht äußern, israelische Medien berufen sich auf Regierungskreise, welche die mögliche Besetzung des Verteidigungsministeriums mit Hagel als „schlechte Nachricht“ bezeichnet hätten - es sei klar, dass die Zusammenarbeit mit ihm nicht leicht werde. Der stellvertretende Außenminister und ehemalige Botschafter Israels in den USA, Danny Ajalon, erklärte jedoch in der Zeitung „Yediot Aharonot“: „Ich habe Hagel mehrfach getroffen, und in seinen Augen ist Israel ein wahrer Verbündeter der USA.“
Hagel selbst versuchte, die Vorbehalte gegen seine Nominierung mit einem Interview zu zerstreuen: „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass ich anti-israelisch eingestellt bin“, sagte er einer Lokalzeitung aus seinem Heimatstaat Nebraska. Er habe im Senat niemals für etwas gestimmt, das Israel geschadet habe. Stattdessen unterstütze er strenge internationale Sanktionen gegen den Iran. Gegner des Politikers führen hingegen an, dass Hagel im Libanonkrieg beide Seiten zum Waffenstillstand aufgerufen hatte, anstatt Israel zu unterstützen. Außerdem habe er sich geweigert, die Europäische Union dazu zu drängen, die Hisbollah auf die Liste der Terror-Organisationen zu setzen.
Der israelische „New York Times“-Kolumnist Shmuel Rosner spekuliert, Chuck Hagel könnte Obamas Rache an Netanjahu für dessen Unterstützung Mitt Romneys im US-Präsidentschaftswahlkampf sein. Howard Kurtz, Amerikas bekanntester Medienjournalist hingegen, glaubt: „Der republikanische Widerstand gegen Hagel richtet sich eigentlich gegen Obama.“ Die Opposition erhoffe sich politische Zugeständnisse, wenn sie den Präsidenten unter Druck setze.
israelnetz

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