Monday, January 07, 2013

Liebe repräsentiert die Gemeinschaft nicht: Warum Antifa und Zivilgesellschaft sich wegen einer Ruderin um das Ansehen des Vaterlandes sorgten

Das Gerücht, Nadja Drygalla sympathisiere mit Neonazis, wurde maßgeblich von der Bild gestreut: „Unter ihren Team-Kolleginnen waren ihre rechtsextremen Ansichten offenbar bekannt.“ (1)Zum Beleg wusste Bild zwar keine Teamkollegin anzuführen, dafür aber eine Politikerin, die es vielleicht schon deshalb wissen muss, weil sie nicht unbedingt zu den Lieblingen der Springerpresse gehört: „[Es] meldete sich auch die Linken-Abgeordnete Petra Pau zu Wort.“ Nicht gegenüber der Bild, sondern „gegenüber der Taz sagte sie: ,Frau Drygalla wird ein strammer Hang ins Nazi-Milieu nachgesagt. Das ist nicht neu und das war nicht unbekannt´“ (2). Der Taz-Artikel mit dem Titel „Rechte Schlagseite“, auf den sich Bildberief, wurde vom Sport-Chef des Blattes Andreas Rüttenauer, der zuletzt durch seine Spaß-Kandidatur für den DFB-Vorsitz unangenehm aufgefallen ist, und Andreas Speit verfasst, über den man auf Wikipedia erfährt, dass er„zahlreichen renommierten deutschen Medien als Rechtsextremismus-Experte gilt, als solcher zitiert und interviewt wird und Referent bei den Landeszentralen für politische Bildung, beim Deutschen Gewerkschaftsbund, bei der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Medienakademie von ARD/ZDF ist.“ Ein ganzer zivilgesellschaftlicher Kerl also, der es bis in den Plenarsaal des Sächsischen Landtages geschafft hat, um dort vor den Fraktionen sein Expertenwissen über die deutsche Neonazi-Szene auszubreiten. Solchen Qualitätsjournalisten war es offensichtlich ein Bedürfnis, die Lüge der Genossin Pau nicht infrage zu stellen, sondern genüsslich zu zitieren. Es blieb Rüttenauer vorbehalten, rund anderthalb Monate später wutschnaubend zu konstatieren, dass Drygalla immer noch eine öffentlich geförderte Spitzensportlerin „zur internationalen Repräsentation ihres Vaterlandes“ sei. Seine Erklärung für diesen Skandal war ganz auf der Höhe der Zeit: „Vielleicht ist ja Drygalla längst für Verfassungsschutzbehörden tätig. Das würde zumindest erklären, warum sich Politiker und Behörden so sehr um das Wohl und den Schutz der Ruderin bemühen“(Taz, 20.10.12). Die Vorliebe für derartige Verschwörungstheorien ist nach dem Auffliegen des NSU und dem einschlägigen Versagen des Verfassungsschutzes beileibe kein Alleinstellungsmerkmal eines Taz-Sportchefs.
Richter Gnadenlos für die gute Sache
Die Bild-Zeitung hat sich für ihre üble Denunziation natürlich nicht entschuldigt. Immerhin war noch während der Olympischen Spiele in London auf Seite drei der Ausgabe vom 06.08. zu lesen: Der Nazi-Skandal im deutschen Team. Am Freitag hatte Achter-Ruderin Nadja Drygalla (23) das olympische Dorf verlassen, nachdem ihre Liebe zum (bisher) NPD-Kandidaten Michael Fischer (24) bekannt geworden war. Gestern traf sie sich in ihrem Rostocker Ruderclub mit einem Reporter der Deutschen Presseagentur (dpa). Bild druckt das Interview im Wortlaut ab.“ Unter anderem heißt es darin:

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