Saturday, July 26, 2014

Der ehrbare Antisemitismus von Paris: Linke sagen „Wir sind Kinder von Gaza“

von Gerrit Liskow
Auch am gestrigen Mittwochabend kam es in der französischen Hauptstadt zu weiteren anti-israelischen Kundgebungen. Aufgerufen hatten diesmal außer pro-palästinensischen Gruppen die größte Gewerkschaft des Landes, CGT (Allgemeiner Arbeiterrat) und drei französische „Links“-Parteien. An den „politischen“ Inhalten und Forderungen war im Vergleich zu den teils untersagten, gewalttätigen Demonstrationen an den beiden Wochenenden zuvor kein wesentlicher Unterschied festzustellen und der Vielzahl von Transparenten, in denen sich ein Hakenkreuz in einen Davidstern verwandelt, konnten nicht mal die geschicktesten Agenturfotografen ausweichen.
Es wurde ja im Vorwege viel darüber spekuliert worden, dass die vorherigen Demos nur deshalb so gewalttätig wurden, weil sie verboten waren; insbesondere PolitikerInnen der französischen Grünen halten an der Vorstellung fest, dass es nichts mit Antisemitismus zu tun hat, wenn es zu Attacken auf Synagogen kommt, sondern mit Demo-Verboten.
Mit geradezu märchenhafter Charakterisierung waren die Juden auch auf dieser „guten“, weil von Linken organisierten und deshalb erlaubten, Demo wie immer die Bösen und die Hamas waren kleine Engelchen; nur dass die eine oder andere „AktivistIn“ statt Juden eben ab und zu auch mal „Zionisten“ sagte, um klar zu machen, dass das alles nichts Persönliches, sondern etwas ungemein Politisches ist, was sie auf die Straße treibt. Mit von der Partie waren diesmal selbstverständlich auch wieder ein paar Vorzeigeclowns von Netrurei Karta, die dem Pariser Publikum gut gefielen weil sie den AktivistInnen genau das erzählten, was sie am allerliebsten hören: Dass die Juden unser Elend sind. Äh, pardon: Dass der jüdische Staat das Schlimmste ist, was den Juden jemals passieren konnte; was man sicherlich für eine indirekte Holocaust-Leugnung halten kann.
Naturei Karta kam bei den Linken super an, vor allem aber bei Le Monde, der die Demo mit einem Live-Ticker begleitete, der jede Menge faktische Lügen über die Zustände in Gaza verbreitete. Allen voran die Lüge, der Eingriff der IDF richte sich gegen Zivilisten und hätte das Ziel, möglichst viele von ihnen umzubringen. Die Rede war ferner von „illegalen und völkerrechtswidrigen“ Angriffen auf Moscheen und Krankenhäuser. Die unbequeme Wahrheit, dass die Hamas ihre Infrastruktur bevorzugt in solchen Gebäuden unterbringt, blieb ausgespart. Ebenso die Meldung, dass eine UN Behörde nun zum zweiten Mal Raketen in einer ihrer Schulen in Gaza gefunden hatte; die UNRWA rief daraufhin bei der Hamas an um die Raketen entfernen zu lassen. Das ist in etwa so klug, als hätte man 1942 bei der SS angerufen, weil man eine Dose Zyklon B gefunden hat.
Das allein charakterisiert den intellektuellen und ethischen Bankrott der neuesten Pariser anti-Israel-Proteste jedoch noch lange nicht genug. Dazu gehört vor allem, dass dieses Publikum jahrelang auf seinem verlängerten Rücken lag, während der Islamismus eine ganze Weltgegend in Chaos stürzte und ungezähltes Leid über die Menschen in Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten, Syrien und im Irak brachte. Während die ISIS in Syrien und dem Irak Menschen vor laufender Kamera enthauptete, ging niemand auf die Straße, denn diese Verbrechen wurden ja nicht von Juden, pardon: von „Zionisten“ begangen.
Ganz zu schweigen vom Iran und seinen Mullahregime und nicht zu vergessen Afghanistan, Pakistan und Indien. Ja, Indien, wo in Mumbai eine Terrorzelle drei Tage lang in einem ungeheuerlichen, bislang nie dagewesenen Daueramoklauf Jagd auf Juden und „Imperialsten“ machte. Auch das interessierte in Paris keinen, denn das war ja nicht Israel in die Schuhe zu schieben, obwohl viele Linke genau das damals versuchten, nach der Methode „selbst Schuld“; wegen der israelisch-indischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verteidigungstechnologie.
Und nun also das: Zwischen 15.000 und 20.000 Personen, die dem Demo-Aufruf in Paris folgten sind auf einmal „Kinder von Gaza“. Demonstriert jemand von ihnen, wenn die radikal-islamistische Terrortruppe Boko Haram in Nigeria tatsächlich Kinder entführt und anschließend abmurkst? Geht jemand von ihnen auf die Straße, wenn die pakistanische Luftwaffe in den nördlichen Landesteilen tatsächlich Zivilisten bombardiert und Kinder tötet? Sicherlich nicht, denn auch das lässt sich nicht irgendwelchen zweckdienlich herbeifantasierten Zionisten der „politischen“ Phantasie in die Schuhe schieben; wobei die ideologisch agileren Linken alter Schule das nach einiger anti-imperialistischer Verrenkung und genug alkoholischen Getränke auch noch versuchen.
Aber sie sind doch Kinder! Und Kindern ist nicht zuzumuten, dass sie die Zusammenhänge verstehen. Die freiwillige Selbstinfantilisierung, der Aufbruch in die völlig selbst verschuldete Unmündigkeit, wirft ein bezeichnendes Licht auf gesellschaftliche Kräfte, die sich heutzutage die Linke nennen. Immerhin hat diese „politische“ Selbstmordsekte nicht nur keinerlei Skrupel, sondern auch keinerlei Scheu dabei, die Allianz zu suchen und solidarisch zu sein mit einer Theorie und Praxis, die alles, was gesellschaftlich progressiv ist (Meinungsfreiheit, Demokratie, Emanzipation der Frau, Gleichstellung von Schwulen und Lesben, etc.) mit einem Schlag vernichten würde, wenn sie die Möglichkeit dazu bekommt; die Hoffnung der Kommunisten, für einen funktionierenden Staat „irgendwie“ gebraucht zu werden, hatte sich nach der Machtergreifung der Mullahs in Teheran 1978 auch ziemlich schnell erschlagen, zusammen mit den Kommunisten.
Das alles wollte am Mittwochabend in Paris keiner so genau nehmen. Stattdessen musste etwas Anderes anscheinend mal gesagt werden, und es wurde gesagt: Alles, was im Namen des Islamismus geschieht, verschwindet in der Bedeutungslosigkeit im Vergleich zu dem, was Israel aus landläufiger linker Sicht angeblich in Gaza macht. Und nein, liebe Leserinnen und Leser, das basiert nicht auf der Annahme, dass Israel ein Recht dazu hat, sich gegen noch mehr Hamas zu verteidigen oder auf irgendeinem selbstherrlich „Existenzrecht“. Warum also gehen diese Leute, die in Paris auf die Straße gegangen sind, nicht einfach mal zum Arzt, zumal sie doch offensichtlich jeden sinnvollen Bezug zur Wirklichkeit verloren haben? Oder ist es für eine Therapie schon zu spät?
Beherzt ignorieren die Freunde des politisch korrekten Antisemitismus die weltweit über zwanzigtausend Terroranschläge, die auf das Konto des radikalen Islamismus gehen und denen in der absoluten Mehrzahl aller Fälle vor allem Moslems zum Opfer fallen. Attentate, von denen man nur deshalb in westlichen „Qualitätsmedien“ nichts hört, weil sie sich nicht Israel in die Schuhe schieben lassen. Über die Kenianer, die bei einem Überfall auf ein Shoppingcenter in Mombasa ermordet wurden, hat die Linke ebenso gnädig wie selbstgefällig hinweggelächelt und sich eingeredet, das wäre doch alles nur kulturalistisch gemeint – „ja, ja, so sind sie“. Der Bürgerkrieg in Syrien, dem 200.000 Menschen zum Opfer gefallen sind, die massenmörderische Terrortruppe ISIS, die ihren Nachwuchs bevorzugt bei Minderjährigen auf Youtube rekrutiert und selbst Boko Haram, die massenhaft Schulkinder entführen – vergeben und vergessen? „Das geht uns doch nichts an“, nicht wahr liebe Linke, „was die Musels miteinander machen“; zumindest solange wir’s nicht den Juden, pardon: den Zionisten in die Schuhe schieben können – so habt ihr euch das doch gedacht, oder?
Nein, sie machen aus ihrem Herzen lieber eine Mördergrube und bringen dem jugendlichen Nachwuchs, den sie sich in Form von pro-palästinensischen, islamistischen und panarabistischen Gruppen heranzuzüchten versuchen, in bester Sozialarbeitermanier vor, wie sich das mit dem Antisemitismus in Europa gehört: Man organisiert sich ein paar Alibi-Juden („Seht, sie sagen es doch selbst!“), druckt ein paar Fotos von schreienden, blutenden Kindern aus (kein Wort davon, das ein Drittel der Zivilisten in Gaza durch „friendly fier“ stirbt, entweder als „menschlicher Schutzschild“ oder in Folge eines „Arbeitsunfalls“ bei der Hamas) und bringt den „Kindern von Gaza“ bei, dass es total okay ist, „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“ zu rufen, solange man „Zionisten“ zu ihnen sagt. Die an hundert fehlenden Prozent füllt man mit ein paar haarsträubenden Verbrechen an der Wahrheit auf, die aus Israel den Nazi unter den Staaten machen. Flugs verurteilt auch der französische Premierminister Juden, die sich wehren, schon allein wegen der Proportionalität; der neue Faschismus kommt von Links, aber das tat der alte Faschismus wohl auch. Nur das Weglaufen vor der Polizei überlässt man in Paris den jungen Leuten, man ist ja gesetzter geworden, vor allem aber bequemer als Alt-68er, und das biodynamische Fettleben im öffentlichen Dienst hat sich irgendwie auch nachteilig auf Beweglichkeit und Kondition ausgewirkt, nicht wahr, liebe StudienrätInnen beiderlei Geschlechts?
Und in Deutschland? Nun, ein paar Politiker machen dicke Backen und soufflieren der veröffentlichten Meinung ein paar Worthülsen aus heißer Luft. Von wegen, dass das so aber nicht geht, denn das sieht ja irgendwie nicht gut aus, was sollen denn die Leute denken, denkt doch an die Arbeitsplätze. Allen voran ein um das Ansehen seines Landes zurecht besorgter Bundesaußenminister, in dessen Kopf beim Thema Nah-Ost-Konflikt aber auch nichts weiter als „Die Spirale der Gewalt“ rotiert - und an der haben ja nun mal beide zu gleichen Teilen Schuld, nicht war, Herr Steinmeier? Erwarten Sie bitte nicht, dass jemand Partei ergreift, liebe Leserinnen und Leser, und wenn, dann höchstens für die Sache der Palästinenser, während auch in Deutschland wieder ein Mob durch die Straßen marschiert, „Tod den Juden“ schreit und dafür von der deutschen Zivilgesellschaft rücksichtsvoll, mit Verständnis und Respekt behandelt wird; man ist ja tolerant. Während die meisten ihrer Co-Araber auf die Palis nicht mal pissen würden, wenn sie brennen.
Wo sind denn jetzt die ganzen Leute, die mal öffentlich bekundet haben, dass Auschwitz nie wieder sein darf? So weit ist es noch nicht, aber man beginnt sich auch in Deutschland langsam wieder an die Vorstellung zu gewöhnen, dass es total okay ist, Juden in Deutschland auf offener Straße zu verprügeln und mit dem Tod zu bedrohen; noch nicht mal aus Gründen der „Palästinasolidarität“ (das wäre ja noch zu verstehen, nicht war, lieber Staatsfunk?) sondern einfach, weil die Juden sind. Wo sind die ganzen guten Menschen in den „politischen“ Zusammenhängen, die die Moral mit der Schale gefressen haben und den „legitimen Widerstand“ zum Dessert? Während beim SPD-Ehrenmitglied und Nobelpreisträger Günter Grass schon bald der Augenblick gekommen sein dürfte, an dem er zusammen mit dem Wasser auch die Tinte nicht mehr halten kann – ich freue mich auf ein neues Gedicht, Herr Grass!
Wie war das noch, einem Zeugen ist nicht deshalb zu glauben, weil er arm oder reich ist? Ein Richter soll keinem Angeklagten nur deshalb Recht oder Unrecht geben, weil er oder sie arm ist oder reich, weil es bei der Gerechtigkeit um die Wahrheit geht und nicht den sozialen Status? Hat man das nicht mal irgendwo gelesen? Macht das keinen Strich durch die Annahme, die Opfer hätten immer recht? Könnte da nicht vielleicht „irgendwie“ was dran sein? Auch wenn es angesichts der Lügen und Halbwahrheiten, die auch und vor allem in den Qualitätsmedien über den Nah-Ost-Konflikt gesponnen werden, manchmal ganz schön schwierig sein kann, die realexistierenden Fakten zu erkennen? Aber nein, wir sind ja Kinder, Kinder der Hamas. Genau wie der britische Parlamentsabgeordnete David Ward, der am Mittwoch fröhlich „Ich bin ein Palästinenser“ twitterte oder Italiens größter Philosoph der ganzen Welt, der sich im Kulturfunk darüber verbreiten konnte, dass er, wenn er ein Gewehrt hätte, auch auf „die Zionisten“ Jagd machen würde, bis keiner mehr lebt, aber leider sei er kein guter Schütze. Ja, da hat die Linke mit ihrer kompromisslosen Parteinahme für die Opfer wirklich etwas erreicht; auch wenn es nicht alle und vor allem nur die vermeintlichen Opfer sind, für die sie sich so leidenschaftlich echauffiert.
 haolam

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