Eine unappetitliche Populismuswelle erbrach sich in Sachen NSA über
Deutschland. Politiker der zweiten und dritten Reihe warfen sich im
Kampf gegen den Ami todesverachtend in Positur. Und auch die Kanzlerin
(„Abhören unter Freunden, das geht gar nicht“) und ihr
Regierungssprecher („”Wir sind nicht mehr im Kalten Krieg”) traten mit
Äusserungen hervor, die besser unterblieben wären. Jedenfalls dann, wenn
man weiss, das Geheimdienste gelegentlich auch abhören. Und man kann
die Amerikaner, nachdem eine Zelle der 9/11-Attentäter in Hamburg
unbehelligt planen konnte, vielleicht auch noch verstehen.
Wer sich hier über Range empörte, tat dies entweder aus
Kenntnislosigkeit hinsichtlich der Möglichkeiten, die ein
Generalbundesanwalt überhaupt hat. Oder, und das darf man bei gewählten
Abgeordneten in jedem Falle unterstellen, wissend, dass Range gar nicht
so kann, wie er vielleicht gerne möchte. Denn er ist in seinem Tun nicht
unabhängig. Auch der oberste Strafverfolger der Republik ist, wie jeder
Staatsanwalt in Deutschland, der verlängerte Arm der Politik. Es ergeht
ihm nicht besser als einem Ankläger in der Provinz, der von seinem
jeweiligen Landes-Justizminister gegängelt werden kann. Für den
Bundesjustizminister ist der Generalbundesanwalt nur ein nachgeordneter
Beamter, der parieren muss.
Hat irgendjemand Zweifel daran, dass Range in Sachen NSA und dem
Abhören von Merkels Handy bis ins Kleinste angewiesen wurde, wie er zu
verfahren habe? Intern am ganz kurzen Gängelband, extern der Prügelknabe
verlogener Politiker.
In Zusammenhang mit dem „Skandal“ um den Blog netzpolitik.org, der
geheime Unterlagen des Verfassungsschutzes veröffentlich hat, ist Range
jetzt der Kragen geplatzt. Und zwar völlig zurecht. Es ist völlig
legitim und möglicherweise sogar berechtigt, wenn
Verfassungsschutzpräsident Maaßen Anzeige erstattet, wenn geheime
Dokumente seiner Behörde öffentlich werden. Vielleicht muss er dies
sogar tun. Die Staatsanwaltschaft prüft den Vorwurf und leitet u.U.
Ermittlungen ein. Wenn die Ermittlungen nicht eingestellt werden,
entscheidet am Ende ein Gericht, ob eine Strafbarkeit vorliegt. Gegen
diese Entscheidung gibt es in aller Regel noch Rechtsmittel.
Den vorliegenden Fall mit der „Spiegel“-Affäre zu vergleichen, ist wohl dem Sommerloch geschuldet.
Schwerwiegender allerdings ist der brutale Eingriff der Politik in
die Gewaltenteilung. Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte mag in
Ausnahmefällen von höherem nationalen Interesse ihre Berechtigung haben.
Sie hat es in Petitessen wie der vorliegenden keinesfalls.
Und daher verdient Range hier Respekt, wenn er sich seinen
Dienstherren, Justizminister Heiko Maas, vorknöpft und einen
“unerträglichen Eingriff” der Politik in die Unabhängigkeit der Justiz
beklagt.
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