Tuesday, October 06, 2015

Du bist Deutschland: Angela Roth

Vor etwas mehr als zwei Jahren, Ende April 2013, wandten sich die Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vertrauensvoll mit einer Kleinen Anfrage an die Regierung in Berlin und wollten von ihr wissen, was sie von europäischen Ideen halte, Wünsche europäischer und deutscher Verbraucher nach »informierte[n] Kaufentscheidungen« zu erfüllen.
»Sieht die Bundesregierung«, begründeten die grünen Verbraucherschützer in ihrem Papier ihr Interesse, »ihre erklärte Unterstützung der palästinensischen Bestrebungen, einen eigenen Staat aufzubauen, dadurch konterkariert, dass Produkte aus israelischen Siedlungen nach Deutschland importiert werden, was zum Fortbestand der israelischen Siedlungen beiträgt?«
Gleichzeitig fragten Claudia Roth und andere im Namen ihrer Fraktion nach Möglichkeiten, »eine korrekte Kennzeichnung sowohl landwirtschaftlicher wie industrieller Güter aus israelischen Siedlungen so sicherzustellen, dass für die Konsumenten erkennbar wird, ob das Produkt aus einer israelischen Siedlung oder von einem palästinensischen Produzenten in der Westbank stammt«.
Die Reaktionen von Teilen der politischen Konkurrenz hatten es in sich. Für Alexander Dobrindt, den damaligen Generalsekretär der CSU, offenbarte die Kleine Anfrage 17/13339 »antiisraelische Ressentiments«, sie käme einem »verkappten Aufruf zum Boykott israelischer Produkte« gleich. Ähnlich äußerte sich der 2015 verstorbene CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder.
Gegenüber der Zeitung Die Welt sprach er von einem »Boykott-Aufruf«, von dem sich die Verfasser der Kleinen Anfrage distanzieren sollten. »Die Grünen schaden dem deutsch-israelischen Verhältnis.« Dirk Niebel, seinerzeit für die FDP Entwicklungsminister, meinte, »die Grünen zeigen hinter der Multikulti-Öko-Fassade ein hässliches Gesicht, das schlimme Erinnerungen« wecke.
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Informierte Interview-Entscheidung: Yedioth Ahronoth ist keine israelische Zeitung
An diese Erinnerungen wiederum knüpfte Philipp Mißfelder an, als er wenige Wochen später als außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag zu den weiter fortgeschrittenen Plänen der Europäischen Union erklärte, diese hätten »eine ähnliche Qualität wie die jüngste Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen«, die Bundesregierung habe sich von ihnen »distanziert«.
In dieser Woche nun erwartet Kanzlerin Angela Merkel, »Mutti« von Welt und Vorsitzende der CDU, den israelischen Premier Benjamin Netanjahu in Berlin. Im 50. Jahr nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen (West-)Deutschland und Israel gewährte sie aus diesem Anlaß der israelischen »jüdischen« [sic!] Tageszeitung Yedioth Ahronoth ein Interview.
Danach gefragt, was sie von Plänen der Europäischen Union halte, ihre Mitgliedsstaaten zu verpflichten, eine besondere Kennzeichnung für Waren aus den umstrittenen Gebieten einzuführen, wenn an deren Produktion Juden beteiligt sind, erklärte Angela Roth, »mit Boykott hat dies [..] nichts zu tun«, es gehe um »Verbraucherschutz«. Und da bestimme nun einmal die EU.
 tw24

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