Monday, November 23, 2015

«Ein neuer Menschentypus, der das Leben verachtet»

Martin Amis ist das Enfant terrible der englischen Literatur. Ein Gespräch über Islamismus und IS, Ähnlichkeiten mit den Nazis und Hoffnung in Zeiten des Terrors.

Bei der Präsentation Ihres neuen Romans «Interessengebiet» haben Sie den Nationalsozialismus mit dem Islamismus verglichen. Können Sie das erläutern?
Es gibt zwar viele Unterschiede, aber auch viele Ähnlichkeiten. Zum Beispiel die barbarische Pervertierung von Ideen und Glaube, die extreme Gewalt sogar gegenüber wehrlosen Menschen oder auch die Manipulation und Mobilisierung von Schwachen, Frustrierten und Ignoranten für ihre schlimmen Zwecke. Wie es der Nationalsozialismus war, ist auch der Islamismus eine ernsthafte Bedrohung für unsere Zivilisation. Meine Hoffnung ist, dass dieser Radikalismus nicht auf Dauer bestehen kann. Wir haben es allerdings mit einem Phänomen des Horrors und des Schreckens zu tun, auf den wir nicht vorbereitet sind. Niemand hat eine klare Idee, wie wir darauf reagieren können.
Sie haben auch von Nihilismus gesprochen.
Damit meine ich die Massaker der Islamisten, die nicht einmal Jugendliche und Kinder verschonen. Dieser Nihilismus zeigt sich in der totalen Verachtung des Lebens. Was für normale Menschen abscheulich ist, bedeutet Lebenssinn für die Jihadisten. Junge Menschen, die dem Jihadismus erliegen, sehen darin eine Gelegenheit des sozialen Aufstiegs, ja sogar die Chance einer religiösen Erlösung. In den gescheiterten Staaten und auf den Trümmern der Kriegsgebiete im Irak und in Syrien ist ein neuer Menschentypus entstanden: ein Fanatiker, der das Leben verachtet und der weder Moral noch Menschlichkeit kennt.
In Paris attackierten die Terroristen einen Konzertsaal, ein Fussballstadion sowie Restaurants und Bars.
Die symbolische Bedeutung ist offensichtlich: Sie hassen, was wir sind. Sie hassen unseren Lebensstil und unsere Freiheit. Dass sie mit Paris das «Babylon der Korruption» im Westen angriffen, ist ein propagandistisches Element dieser Anschläge.

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