Thursday, June 16, 2016

Die enthemmte Analyse

Oliver Decker, dieser Telly Savalas unter den subventionierten Rechtextremismusforschern macht das ganz gut, wenn der psychoanalytische Sozialpsychologe und Rechtsextremismusforscher mit ernster Miene und ausgenüchtertem Grabreden-Speech vor die Nachrichten-Kameras tritt, als hätte er nun endlich den heiligen Gral, die unumstößlichen Beweise für den Untergang des Abendlandes gefunden. Festgehalten in einer Monstranz von 170 Seiten mit dem Titel „Die enthemmte Mitte. Autoritäre und rechtsextreme Einstellungen in Deutschland. Die Leipziger-Mitte-Studie“. Das Werk erscheint im – bitte nicht lachen – Psychosozial Verlag.

Leipziger Mitte in drei Sätzen

Dieser Studienleiter Decker schafft in den Tagesthemen im Bierernst-Gestus, was er in seinem Institut vor dem Spiegel geübt haben muss, so perfekt und überzeugend sitzt der Ultralight-Vortrag: Eine Zusammenfassung dieser 170 Seiten in zwei, drei kurzen Sätzen. Sätze, die hängenbleiben. Mehr nicht. Am Ende wird wieder kein Mensch die Studie lesen, aber trotzdem werden dank Decker viele alles darüber zu wissen glauben. Alles, über die innere Verfassung des Deutschen Volkes. Über diese ewigen Nazis. Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, na Sie wissen schon. Bei Decker in der Tagesschau bleibt Folgendes aus dem Subkontext hängen:
Demokratie ist, wenn man der Zuwanderung uneingeschränkt zustimmt. Tut man das nicht, ist man Anitdemokrat, ist man rechtsradikal. Und das sind mindestens soundsoviel Prozent der bösen Bevölkerung. Also muss weiter viel Geld in die Abwehr dieser Nazi-Untoten investiert werden. In – na klar: Deckers Abwehrzentrum. Ehrlich. Exakt das ist die letztlich die Message. Das beginnt schon mit der Überschrift der Studie: „Die enthemmte Mitte“.
Genau – die Mitte ist böse, ständig mit dem Zündholz am Flüchtlingsheim, suggeriert der Titel. Gut ist nur, was links ist. Deshalb muss die Mitte kontrolliert, überwacht, misstrauisch beäugt werden. Und diese Botschaft haben praktisch alle Medien transportiert, in allen Nachrichtensendungen, im Rahmen von Unterhaltungssendungen sogar der Bayerische Rundfunk auf BR2, Zeitungen. Kritisch nachgefragt über Methode und Vorgehen der Studie hat fast keiner.
Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung der Universität Leipzig –  wenn man die „Kompetenz“ schon im Namen tragen muss, dann darf ketzerisch angenommen werden, dass da was grundsätzlich schief läuft. Das wäre so, als würde sich der Autor hier selbst „Schlauschreibinstitution“ nennen. Also eine über den eigentlichen Inhalt, über das Produkt, das Arbeitsergebnisses hinausgehende Etikettierung, eine vorauseilende Kosmetik des eigenen Tuns oder eben: Nicht Tuns. Und seien wir ehrlich, wenn man titelt: „Rechtsextremismus-Studie: Die enthemmte Mitte“, was braucht man dann noch an Inhalten studieren um das Ergebnis zu dechiffrieren?

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