Thursday, October 20, 2016

Kritischer Journaillismus (Folge 1772): Schlechtwetterkunde

Nachdem der Exekutivrat der UNESCO seinen Beschluß bekräftigt hat, die Wirklichkeit jüdischer Geschichte im Heiligen Land zu leugnen, glaubt BILD über »Riesen-Empörung über die Unesco!« berichten zu können: »Deutschland, Israel und andere EU-Staaten laufen Sturm gegen eine Resolution der UN-Organisation«. Tatsächlich wäre es schon schön, wehte nur ein wenig Wind.
In der Tat gehört Deutschland diesmal zu den wenigen Staaten, die sich mit ihrem Votum der klar antisemitischen Resolution widersetzten. Doch davon, auch nur aufzubrausen, ist die deutsche Diplomatie weit, weit entfernt. Gehörte Katar in Paris zu den Sponsoren der Haß-Resolution, meldet das Auswärtige Amt, »Außenminister Steinmeier empfängt katarischen Außenminister«.
Und auch in Europa ist von einem Sturm doch eher wenig zu spüren. Federica Mogherini, die Hohe Außenbeauftragte der EU, hat zum UNESCO-Beschluß gar nichts zu sagen. Sie könnte freilich auch kaum etwas äußern, denn eine europäische Position gibt es schlicht nicht. Die Mehrheit der europäischen Mitglieder des UNESCO-Exekutivrats hat sich dort vielmehr – tapfer enthalten.
Frankreich, Griechenland, Italien, Slowenien, Spanien und Schweden wollten der antiisraelischen Resolution zwar nicht ausdrücklich zustimmen, von Bedenken wurden sie jedoch auch nicht geplagt. Nur fünf EU-Mitglieder lehnten neben den USA die Resolution ab: Deutschland, Estland, Litauen, die Niederlande, das Vereinigte Königreich. Auch hier aber keine »Riesen-Empörung«.
Wo ganz ohne Frage Entrüstung berechtigt gewesen wäre, siegte vielmehr Selbstverleugnung. Wie anders soll man es werten, daß etwa ausgerechnet Italien, dessen Hauptstadt Rom den Vatikan beherbergt, nicht einmal christliche Ansprüche auf Heiligtümer in Jerusalem und Umgebung wahren wollte? Die Welt von BILD ist, leider, nicht mehr als Einbildung, der Sturm Windstille.
 http://www.tw24.net/?p=13030

No comments: