Sunday, November 20, 2016

Wie islamistisch wird die CDU?

Was wie eine absurde Frage klingt, wurde nur einen Tag später in der CDU-Parteizentrale hinter verschlossenen Türen verhandelt, als sich die Antragskommission für den Anfang Dezember stattfindenden Parteitag traf. Der wird nämlich eine brisante Frage entscheiden müssen: Kann man gleichzeitig in der CDU und in der AKP engagiert sein? In der Partei von Recep Tayyip Erdogan also, der gerade Richter entlässt, Journalisten einsperrt und die Türkei in eine religiöse Präsidialdiktatur umwandelt. Nein, kann man nicht, meinen die Kreisverbände von Berlin-Neukölln und Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg und der Auslandsverband Brüssel, die selbst Gebiete mit sehr hohem muslimischem Bevölkerungsanteil repräsentieren. „Erdogan zertrümmert gerade die türkische Demokratie, die Auswirkungen davon verspüren wir ganz deutlich auch in Deutschland“, klagt Falko Liecke, stellvertretender Bezirksbürgermeister in Neukölln: „Die Union muss hier klare Kante zeigen und deutlich benennen, dass Erdogan-Anhänger und andere Antidemokraten in der CDU nichts zu suchen haben.“ Anzeige Deshalb haben die drei Kreisverbände Anträge eingebracht, nach denen die Mitgliedschaft in der CDU nicht vereinbar ist mit einer Mitgliedschaft in der AKP, in der islamischen Bewegung Milli Görus oder in der AKP-Vorfeldorganisation UETD. Das Gleiche soll auch für die konservative Gülen-Bewegung, für die faschistischen Grauen Wölfe und die kurdische PKK gelten.Doch was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, fiel bei der Führung durch. Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ wird die Antragskommission zwar formal die Annahme der Anträge empfehlen, aber in einer Fassung, in der die AKP und Milli Görus nicht mehr erwähnt werden. Generalsekretär Tauber hatte laut Teilnehmerangaben in der Sitzung argumentiert, Erdogans AKP habe bis vor Kurzem Beobachterstatus in der Europäischen Volkspartei gehabt, also der konservativen Parteifamilie in Europa, zu der die CDU gehört. Außerdem wäre es „unpraktisch“, eine Liste von nicht zur CDU passenden Organisationen zu eröffnen und auch rechtlich schwierig.Allerdings hat die CDU schon seit Jahren einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Sekte Scientology, der sogar vor dem Verfassungsgericht Bestand hatte. Die Antragsteller sind über das noch nicht öffentliche Votum entsetzt: „Wenn die Unions-Spitze aus Angst vor Erdogan und dessen deutschen Anhängern dieses klare Signal mit rechtlich irreführenden Argumenten verweigern wollte, wäre das ein trauriges Zeichen“, ärgert sich Liecke. Er will nun auf dem Parteitag für seinen Antrag kämpfen. Von der Parteiführung wollte sich dazu niemand öffentlich äußern.
 https://www.welt.de/politik/deutschland/article159610169/Wie-islamistisch-wird-die-CDU.html

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