Die in Deutschland grassierende Trump-phobie kann bestimmt vieles erklären. Aber ohne große Not schreibt man solchen Unsinn, wie ihn Ulf Poschardt in Springers Qualitätsprodukt von sich gegeben hat, wahrscheinlich auch nicht.
von Ramiro Fulano
Da werkelt ausgerechnet einer von der Welt an der großen deutschen
Anti-Trump-Koalition und alle müssen mitmachen: Frauen und Männer,
Schwarze und Weiße (in allen üblichen Pigmentierungsvarianten), Lesben
und Schwule (egal welcher sexuellen Orientierung) und die Heteros
jederlei Geschlechts. Alle gegen einen. Hurra.
Wir wissen nicht, wieso alle auf einmal gegen Trump sein müssen. Und
wenn er ehrlich mit sich wäre, wüsste Herr Poschardt das vielleicht
selbst nicht. Aber die Gründe sind anscheinend egal, solange die
politische Wirkung stimmt. Es geht, wie gesagt, ums große Ganze. Und ums
Deutsche sowieso.
Denn wer in den letzten Jahren das aktuelle Zeitgeschehen ab und an
vielleicht auch mithilfe der Welt verfolgt hat, könnte zu der Ansicht
gelangt sein, dass Donald J. Trump nicht wirklich das größte Problem
ist, dem Germany nach der dritten Merkel-Amtszeit gegenübersteht.
Aber im geistigen Elendesviertel zwischen Taz und Faz, Spiegel und
Welt (und beim Staatsfunk) verlernt man offenbar, durch logisches Denken
auf Basis der empirischen Fakten zu den richtigen Schlüssen zu
gelangen. Anders ist es kaum zu erklären, warum man dort von Arabischer
Frühling über Brexit bis Trump mit seinen Berichten zur Lage so
unverbesserlich danebengelegen hat. Mit anderen Worten: „Fake News“
gibt‘s nicht nur bei CNN, liebe Leserinnen und Leser, und auch nicht
erst seit gestern.
Nun kann man, wie bei allem, auch über Herrn Trump geteilter Meinung
sei. Es ist schließlich ein freies Land. Selbst wenn die deutsche
Bundeskanzlerin erst letztens darauf hingewiesen hat, dass die
Meinungsfreiheit ein Luxus ist, der uns jederzeit wieder weggenommen
werden kann. Wenn wir ihr persönlich für ihre tolle, dufte, wunderbare
Europa-, Energie- und Einwanderungs-Politik nicht ausreichend dankbar
sind, zum Beispiel.
Meinungsfreiheit richtig verstanden ist eben doch die Freiheit von Meinung. Nicht wahr, Stasi-Angie (CDU)?
Doch zurück zu Herrn Poschardt. Natürlich darf er im von der
deutschen Bundeskanzlerin definierten Rahmen von seinem Recht auf
Meinungsfreiheit vollumfänglich Gebrauch machen. Aber geht das bitte
auch ohne plumpe und peinliche politische Vereinnahmungsversuche, Herr
Poschardt?
Warum ist es denn besonders progressiv, emanzipativ, integrativ,
anti-rassistisch und was weiß ich, gegen Trump zu sein? Warum müssen
alle mit Ihnen in die verlorenen Schlachten vergangener Tage ziehen?
Nur, weil man in irgendeine Schublade passt? Sie behandeln einen, als
wäre man ein Exponat im Menschenzoo. Oder manövrierbare Masse, Herr
Poschardt.
Es ist eine ziemliche Zumutung, einen ganzen Menschen auf ein
biologisches Geschlecht, eine Hautfarbe oder eine sexuelle Orientierung
zu reduzieren. Denn darin geht das Individuum nicht auf. Persönlichkeit
ist nicht, wenn man in irgendeine bereitgestellte, handelsübliche
Schublade passt.
Doch der Wahnsinn hat auch hier Methode. Denn es wird der Mensch nur
dann zur Platitude gestempelt, wenn die somit konstruierte Identität
politisch ausgenutzt werden kann. Es ist nichts anderes als ein
Machtmissbrauch, der damit betrieben wird.
Ich persönlich verbitte mir solche Verallgemeinerungen, denn nicht
nur werden sie dem ganzen Menschen nicht gerecht. Sondern sie sind zudem
auch ein Zeichen intellektueller Trägheit und moralischer
Unaufrichtigkeit.
Intellektuelle Trägheit, denn diese Verallgemeinerungen übersehen das
Besondere im Allgemeinen und werden dem Besonderen dadurch auch im
Allgemeinen nicht gerecht.
Und moralische Unaufrichtigkeit, denn diese Identitäten von der
Stange werden nur konstruiert, damit sie politisch ausgenutzt werden
können. Jenseits davon besteht keinerlei Interesse am Individuum.
Vor allem beschleicht mich der Verdacht, dass das Interesse an
Frauen, Lesben, Schwulen, Farbigen und wer weiß, was sich sonst noch für
Schubladen konstruieren lassen, nur geheuchelt ist. Als eine bekannte
lesbische Sängerin nicht schnell genug absagte, als sie darum gebeten
wurde, bei Trumps Amtseinführung zu singen, fiel die ganze Szene wie ein
selbstermächtigter Lynch-Mob über sie her.
Merke: Solange alle einer Meinung sind, ist lesbisch sein super. Aber
wehe, wenn nicht. Dann kann man seine Karriere vergessen, und auch
seine Existenz.
Das passt zwar nur schlecht zum an sich selbst gestellten Anspruch
auf Solidarität und Pluralismus, liebe Linke, dafür aber umso mehr zu
einem instrumentellen Verhältnis zur Homosexualität. Vor allem aber zu
einer nur mühsam und fadenscheinig kaschierten Absicht, den politischen
Feind auch physisch zu vernichten.
Wer wissen will, wie jene Milieus ticken, die sich politisch
progressiv wähnen, muss sich nur an ihr Verhalten gegenüber einer
überaus talentierten Person wie Condoleezza Rice erinnern, die als Frau
und Schwarze in einer konservativen US-Regierung gleich doppelten Verrat
an der linken Weltanschauung betrieben hatte. Dafür wurde sie
rhetorisch bestraft – wie es frauenfeindlicher und rassistischer kaum
geht.
Wer Menschen auf ihr Geschlecht, ihre Hautfarbe oder sexuelle
Orientierung reduziert (oder was sich sonst an Identitäten konstruieren
lässt), gewinnt seine progressiven Credentials nur um den Preis, das
Individuum als Platitude abzustempeln. Und das finde ich
menschenfeindlich.
Aus dieser Verachtung des Individuums dann auch noch einen
politischen Alleinvertretungsanspruch abzuleiten, ist ein zutiefst
menschenverachtender Machtmissbrauch.
Natürlich ist es Demagogie und politische Propaganda, was Herr
Poschardt betreibt. Wenn er gelernt hätte, durch logisches Denken zu
eigenen Schlüssen zu gelangen, müsste er mir in diesem Punkt zustimmen.
http://haolam.de/artikel_27828.html
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