Thursday, January 19, 2017

Wenn Panik zur Hysterie wird: ´Schwuler werden´ gegen Trump?

Die in Deutschland grassierende Trump-phobie kann bestimmt vieles erklären. Aber ohne große Not schreibt man solchen Unsinn, wie ihn Ulf Poschardt in Springers Qualitätsprodukt von sich gegeben hat, wahrscheinlich auch nicht.


von Ramiro Fulano


Da werkelt ausgerechnet einer von der Welt an der großen deutschen Anti-Trump-Koalition und alle müssen mitmachen: Frauen und Männer, Schwarze und Weiße (in allen üblichen Pigmentierungsvarianten), Lesben und Schwule (egal welcher sexuellen Orientierung) und die Heteros jederlei Geschlechts. Alle gegen einen. Hurra.

Wir wissen nicht, wieso alle auf einmal gegen Trump sein müssen. Und wenn er ehrlich mit sich wäre, wüsste Herr Poschardt das vielleicht selbst nicht. Aber die Gründe sind anscheinend egal, solange die politische Wirkung stimmt. Es geht, wie gesagt, ums große Ganze. Und ums Deutsche sowieso.

Denn wer in den letzten Jahren das aktuelle Zeitgeschehen ab und an vielleicht auch mithilfe der Welt verfolgt hat, könnte zu der Ansicht gelangt sein, dass Donald J. Trump nicht wirklich das größte Problem ist, dem Germany nach der dritten Merkel-Amtszeit gegenübersteht.

Aber im geistigen Elendesviertel zwischen Taz und Faz, Spiegel und Welt (und beim Staatsfunk) verlernt man offenbar, durch logisches Denken auf Basis der empirischen Fakten zu den richtigen Schlüssen zu gelangen. Anders ist es kaum zu erklären, warum man dort von Arabischer Frühling über Brexit bis Trump mit seinen Berichten zur Lage so unverbesserlich danebengelegen hat. Mit anderen Worten: „Fake News“ gibt‘s nicht nur bei CNN, liebe Leserinnen und Leser, und auch nicht erst seit gestern.

Nun kann man, wie bei allem, auch über Herrn Trump geteilter Meinung sei. Es ist schließlich ein freies Land. Selbst wenn die deutsche Bundeskanzlerin erst letztens darauf hingewiesen hat, dass die Meinungsfreiheit ein Luxus ist, der uns jederzeit wieder weggenommen werden kann. Wenn wir ihr persönlich für ihre tolle, dufte, wunderbare Europa-, Energie- und Einwanderungs-Politik nicht ausreichend dankbar sind, zum Beispiel.
Meinungsfreiheit richtig verstanden ist eben doch die Freiheit von Meinung. Nicht wahr, Stasi-Angie (CDU)?
Doch zurück zu Herrn Poschardt. Natürlich darf er im von der deutschen Bundeskanzlerin definierten Rahmen von seinem Recht auf Meinungsfreiheit vollumfänglich Gebrauch machen. Aber geht das bitte auch ohne plumpe und peinliche politische Vereinnahmungsversuche, Herr Poschardt?

Warum ist es denn besonders progressiv, emanzipativ, integrativ, anti-rassistisch und was weiß ich, gegen Trump zu sein? Warum müssen alle mit Ihnen in die verlorenen Schlachten vergangener Tage ziehen? Nur, weil man in irgendeine Schublade passt? Sie behandeln einen, als wäre man ein Exponat im Menschenzoo. Oder manövrierbare Masse, Herr Poschardt.

Es ist eine ziemliche Zumutung, einen ganzen Menschen auf ein biologisches Geschlecht, eine Hautfarbe oder eine sexuelle Orientierung zu reduzieren. Denn darin geht das Individuum nicht auf. Persönlichkeit ist nicht, wenn man in irgendeine bereitgestellte, handelsübliche Schublade passt.

Doch der Wahnsinn hat auch hier Methode. Denn es wird der Mensch nur dann zur Platitude gestempelt, wenn die somit konstruierte Identität politisch ausgenutzt werden kann. Es ist nichts anderes als ein Machtmissbrauch, der damit betrieben wird.

Ich persönlich verbitte mir solche Verallgemeinerungen, denn nicht nur werden sie dem ganzen Menschen nicht gerecht. Sondern sie sind zudem auch ein Zeichen intellektueller Trägheit und moralischer Unaufrichtigkeit.

Intellektuelle Trägheit, denn diese Verallgemeinerungen übersehen das Besondere im Allgemeinen und werden dem Besonderen dadurch auch im Allgemeinen nicht gerecht.

Und moralische Unaufrichtigkeit, denn diese Identitäten von der Stange werden nur konstruiert, damit sie politisch ausgenutzt werden können. Jenseits davon besteht keinerlei Interesse am Individuum.

Vor allem beschleicht mich der Verdacht, dass das Interesse an Frauen, Lesben, Schwulen, Farbigen und wer weiß, was sich sonst noch für Schubladen konstruieren lassen, nur geheuchelt ist. Als eine bekannte lesbische Sängerin nicht schnell genug absagte, als sie darum gebeten wurde, bei Trumps Amtseinführung zu singen, fiel die ganze Szene wie ein selbstermächtigter Lynch-Mob über sie her.

Merke: Solange alle einer Meinung sind, ist lesbisch sein super. Aber wehe, wenn nicht. Dann kann man seine Karriere vergessen, und auch seine Existenz.

Das passt zwar nur schlecht zum an sich selbst gestellten Anspruch auf Solidarität und Pluralismus, liebe Linke, dafür aber umso mehr zu einem instrumentellen Verhältnis zur Homosexualität. Vor allem aber zu einer nur mühsam und fadenscheinig kaschierten Absicht, den politischen Feind auch physisch zu vernichten.
Wer wissen will, wie jene Milieus ticken, die sich politisch progressiv wähnen, muss sich nur an ihr Verhalten gegenüber einer überaus talentierten Person wie Condoleezza Rice erinnern, die als Frau und Schwarze in einer konservativen US-Regierung gleich doppelten Verrat an der linken Weltanschauung betrieben hatte. Dafür wurde sie rhetorisch bestraft – wie es frauenfeindlicher und rassistischer kaum geht.

Wer Menschen auf ihr Geschlecht, ihre Hautfarbe oder sexuelle Orientierung reduziert (oder was sich sonst an Identitäten konstruieren lässt), gewinnt seine progressiven Credentials nur um den Preis, das Individuum als Platitude abzustempeln. Und das finde ich menschenfeindlich.

Aus dieser Verachtung des Individuums dann auch noch einen politischen Alleinvertretungsanspruch abzuleiten, ist ein zutiefst menschenverachtender Machtmissbrauch.

Natürlich ist es Demagogie und politische Propaganda, was Herr Poschardt betreibt. Wenn er gelernt hätte, durch logisches Denken zu eigenen Schlüssen zu gelangen, müsste er mir in diesem Punkt zustimmen. 
http://haolam.de/artikel_27828.html

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