Monday, April 24, 2017

»Aber auch«

Stellvertretend für sich und das restliche unheilbar bessere Deutschland kann Der SPIEGEL seine Fassungslosigkeit kaum verbergen: »Der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, ist gegen eine deutsche Vermittlerrolle im Nahostkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern«, mußte das Blatt unter der Überschrift »Israel lässt Gabriel abblitzen« festhalten.
Während »Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas sich bei seinem Berlinbesuch vor einem Monat eine deutsche Vermittlung gewünscht« habe, winke der Vertreter Israels einfach ab: »Wir brauchen keinen Vermittler, wir kennen uns genau«. Und das wird sich nicht nur auf das Regime in Ramallah bezogen haben, sondern auch und gerade auf Ansichten und Aktivitäten der Berliner Regierung.
Wer etwa einen Blick auf das jüngste Statement des deutschen Außenministers Sigmar Gabriel zum deutsch-israelischen Verhältnis wirft, wird nachvollziehen können, weshalb Jerusalem auf deutsche »Hilfe« verzichten will. »Die unverbrüchliche Solidarität mit Israel und das Einstehen für seine Sicherheit«, die »Richtschnur und Grundpfeiler« deutscher Politik seien, haben nämlich einen Preis.
Und den benennt Sigmar Gabriel so: »Mit Blick auf den Nahostkonflikt bedeutet unsere Solidarität mit Israel aber auch, dafür einzutreten, dass Israel und Palästina Seite an Seite in Würde und Frieden leben können«. Es ist dieses »Aber auch«, mit dem die deutsche Regierung sich entlarvt, mit dem sie Israel als die jüdische Demokratie und deren Regierung gleichermaßen beleidigt.
Nachdem er zuvor »den Zivilisationsbruch der Shoah« erwähnt hat, ist Sigmar Gabriels belehrendes »Aber auch« ein arrogant anklagender Zeigefinger, mit dem sich die Nation der Täter über die der überlebenden Opfer erhebt: Deutschland hat die richtigen Lehren aus diesem Zivilisationsbruch gezogen, kann und muß sich daher nun mit exklusiver Konfliktlösungskompetenz aufdrängen.
Diese selbstgerechte Haltung, demonstriert zudem am Vorabend von Yom HaShoah, ist derweil so typisch deutsch, daß sie in Deutschland schon kaum mehr Widerspruch provoziert. Dabei ist sie ein fortdauernder Skandal. Yakov Hadas-Handelsman ist nur zuzustimmen, verbittet er sich den Rat einer Regierung, die nicht einmal merkt, wie unerträglich ihre demonstrative Rechtschaffenheit ist.
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