Kaum war gegen Ende der letzten Woche ein bisschen Ruhe in die britisch-deutschen Beziehungen zurückgekehrt, zerschlug die deutsche Bundeskanzlerin gestern mehr Porzellan als zuvor gekittet wurde.
von Ramiro Fulano
Keine Ahnung, was in Power-Angie gefahren ist, liebe Leserinnen und
Leser. Vielleicht sind ihr die jüngsten Wahlerfolge an der Saar, der
Förde und in NRW zu Kopf gestiegen. In ihrem eigenen Interesse sei Frau
Dr. Merkel auch an dieser Stelle noch einmal daran, dass Wahlergebnisse
um und bei 30% für ihre Partei noch vor zehn Jahren ein Grund für
personelle Konsequenzen gewesen wären. Oh, ist das ihr Kopf, der da
rollt, Frau Merkel?
Aber in einer angesichts der herrschenden politischen
Alternativlosigkeit bis zuletzt von Unzufriedenheit geschüttelten
Bevölkerung kennt man natürlich das Motto vom Einäugigen, der unter den
Blinden König ist. Und Krisen-Angies relatives Glück besteht darin, das
kein ernstgemeintes politisches Angebot momentan so „blind“ - so durch
die eigene Ideologie hermetisch gegen die Realität abgedichtet -
daherkommt, wie Martin Schulz und die deutsche Sozialkleptokratie. Ganz
zu schweigen von Karin Göring-Eckhard und den Ökopathen.
Der feuchtwarme Traum vom Archipel Öko, auf dem unter der
selbstgefälligen Führung einer selbsternannten „politischen“ (sprich:
wahnhaften) Pseudo-Elite das Elend „sozial gerecht“ verteilt wird,
konnte zumindest die Wählerinnen und Wähler in NRW nicht restlos
überzeugen. Das Gute daran: Der Ein-Euro-Sozialist Martin „Goldkettchen“
Schulz (Jean-Clown Junckers Mann in Berlin) kann vielleicht bald in
seinen Ausbildungs-Beruf zurückkehren! Immerhin hat er ja mal „was
Richtiges“ gelernt - im Gegensatz zu den Konflikt-, Klima- und
Gender-„ForscherInnen“ jederlei Geschlechts aus dem geistigen
Elendsviertel zwischen Spiegel und Taz.
Doch zurück zum Thema. Auch auf den Britischen Inseln zeichnet sich
bei den Allgemeinen Wahlen am 8. Juni ein historischer Gezeitenwechsel
ab: Die Labour-Opposition darf unter Führung „ihres“ Jeremy Corbyn mit
zwischen 112 und 150 Sitzen in den Commons rechnen. Aus Sicht von
Beobachtern wäre das ein niederschmetterndes Ergebnis für die britische
Sozialdemokratie. Aber Genosse Corbyn hat bereits angekündigt, das sich
abzeichnende Wahldebakel wäre eine Bestätigung für seinen politischen
Kurs und so oder so würde er auch nach der Niederlage der Große
Vorsitzende bleiben.
Ein schöneres Geschenk könnte er der Regierungspartei nicht machen.
Und in der Tat kann Theresa May, die Premierministerin, von um die 400
Mandaten für ihre zumindest nach Namen und Anspruch konservative
Tory-Partei ausgehen. Das ist die politische Ernte für ihr Versprechen,
das Vereinigte Königreich aus den Klauen der Brüsseler Beamtendiktatur
zu befreien. Und das, wenn es sein muss, auch ohne Deal mit Brüssel,
sondern unter Rückgriff auf die weltweit verbindlichen Regelungen der
Welthandelsorganisation (WTO, World Trade Organisation).
Was in der Praxis daraus wird, wird sich zeigen, aber in aktuellen
Umfragen wünschen sich nur noch 24% der Britinnen und Briten einen
Verbleib ihres Landes in der EU. Rund die Hälfte aller, die vor knapp
einem Jahr gegen Brexit gestimmt haben, haben inzwischen ihre Meinung
geändert und sind für EU-Austritt und Selbstbestimmung. Und das kann
nicht an den britischen Medien liegen, denn die machen nach wie vor auf
allen staatlichen und privaten Kanälen eine Dauerwerbesendung für
Ein-Euro-Sozialismus und Brüsseler Antidemokratie.
Wenn sich nun in „Europa unter deutscher Führung“ die Herren Juncker
und Selmayr einreden, das wäre doch alles nur halb so schlimm und auf
jeden Fall reversibel, dann wirft das nicht nur ein bezeichnendes Licht
auf ihr Demokratieverständnis, sondern es verrät nebenbei auch, wie
wenig sie von den Realitäten außerhalb ihres eigenen Kopfes verstehen.
Wenn gegen den Willen von drei Vierteln der Bevölkerung regiert wird,
ist das möglicherweise deutsch-europäisches Business-as-usual, auf den
Britischen Inseln macht man das nicht. Ja, liebe Ein-Euro-Sozialisten:
Die Menschen sind nicht alle gleich - was noch lange nicht heißt, dass
irgendwer besser ist.
Natürlich ist es gefährlich, der eigenen Propaganda zu sehr zu
vertrauen. Aber für den Schaden, den selbstreferentielle Wahnsysteme wie
die EU anrichten, werden ja bequemerweise andere zur Kasse gebeten. Und
hinterher will es wieder keiner gewesen sein, wenn aus dem „Endsieg“
der „europäischen Ideale“ mal wieder nichts wird. Nicht wahr, liebe
EU-Nationalisten?
Aber die Gefahr besteht nicht nur in der europäischen Ideologie,
sondern vor allem in der deutschen Praxis. Und da wurde es dann im
Vereinigten Königreich schon mit Verwunderung zur Kenntnis genommen,
dass die deutsche Bundeskanzlerin HM Government „warnen“ möchte. Wir
erinnern uns daran, liebe Leserinnen und Leser, dass die Warnung stets
die nette Seite der Drohung ist. Und man mag auf den Britischen Inseln
beim besten „europäischen“ Willen nicht verstehen, warum man sich von
einer Person bedrohen lassen sollte, die vor der westlichen Demokratie
in eine sozialistische Kaderdiktatur geflüchtet ist - um das in der DDR
gelernte eines Tages in größerem, „europäischen“ Maßstab an der EU
auszuprobieren?
HM Government bekundet seit einem Jahr durchgängig sein Interesse an
einer unbürokratischen, pragmatischen, vor allem aber einvernehmlichen
Lösung für Brexit. Wenn auf dem Kontinent noch immer an der Idee
festgehalten wird, dass der demokratische Prozess umkehrbar wäre, dann
täuscht man sich und das auf eigene Gefahr. Inzwischen gab es in Groß
Britannien eine Volksabstimmung und jeweils zwei bis drei Abstimmungen
im Ober- und Unterhaus. Es wurden demokratische Fakten geschaffen, die
durch kein Dekret aus „Europa unter deutscher Führung“ rückgängig zu
machen sein werden.
Wie nicht anders zu erwarten, hat insbesondere die deutsche
Journaille in der Brexit-Berichterstattung völlig versagt. Aber so ist
das eben, wenn deutsche Staats- und Qualitätsmedien bei britischen
Staats- und Qualitätsmedien abschreiben und beide das Offensichtliche
übersehen: den Unterschied zwischen öffentlicher und veröffentlichter
Meinung. Von dem hört man, wenn man Glück hat, irgendwann mal was im
Einführungsseminar in die Publizistik und vergisst ihn dann lieber
wieder, weil er einem zu viel Mühe macht - nicht wahr liebe Kolleginnen
und Kollegen?
Eine Verlagerung des Finanzmarkts aus der City auf den Kontinent ist
ebenso illusorisch wie ein Umzug des VW-Werks von Wolfsburg auf die
Kanarischen Inseln. Abgesehen von der EU macht kein einziger
Außenhandelsmarkt der Welt die Aufnahme und Versorgung von Migranten in
unbegrenzter Zahl zur Bedingung. Freihandel, der anderer Leute Geld
kostet, ist nicht wirklich frei, liebe EU.
Sollte ein Freihandelsabkommen zwischen dem UK und der EU nicht
zustande kommen, wird der ganze Spaß für die EU teurer als für Groß
Britannien - mit den entsprechenden Verlusten bei Bruttoinlandsprodukt
und Arbeitsplätzen auf dem Kontinent. Vor allem wird keine Glühbirnen-,
Gurken- oder Bananenverordnung aus Brüssel es verhindern können, dass
bald 90% des weltweiten Wirtschaftslebens nicht in der EU stattfinden.
Ja wirklich: Die Welt ist größer, als die EU. Und der globale Anteil
wächst, während der EU-Anteil schrumpft.
Selbstverständlich obliegt es dem politischen
Souverän in den europäischen Gliedstaaten, bei Wahlen darüber zu
entscheiden, ob man sich auf einem untergehenden Schiff festketten
möchte oder ob man sein Glück anderswo versuchen will. Die
demokratischen Gepflogenheiten verlangen indes, dass man anderer Leute
demokratische Entscheidungen auch dann respektiert, wenn sie einem nicht
in den Kram passen.
https://haolam.de/artikel_29334.html
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