Saturday, June 03, 2017

Berliner Zustand

Es ist ein vorhersagbares Ritual. »Wenn Teheran und die Hisbollah zum Al-Quds-Tag rufen, ertönen auf den Straßen Vernichtungswünsche gegenüber Israel«, faßte vor knapp einem Jahr der Staatsfunk zusammen, was sich denn auch ereignen sollte. Mitten in der deutschen Hauptstadt marschierte ein antisemitischer Mob auf, der aus seinen zivilisationsfeindlichen Motiven kein Geheimnis machte.
Im Vorfeld hatte es die inzwischen leider ebenfalls üblichen Diskussionen gegeben, die nicht etwa auf ein Verbot der antisemitischen »Demonstration« hinausliefen, sondern auf deren Ermöglichung. Man solle, bat das American Jewish Committee (AJC) untertänigst die Behörden, doch wenigstens über eine Route nachdenken, die die Antisemiten nicht in die Nähe von Synagogen führen würde.
Und auch heute wiederholt sich das, nun ja, Spiel: »Auch am Qudstag 2017 sagen wir NEIN zum Terror, NEIN zum Krieg, NEIN zu Trump, NEIN zu arabischen Unterstützern des Terrors und Nein zur zionistischen Apartheid Israels!« heißt es im Aufruf zum Al-Quds-Tag 2017. »Der Quds-Tag (Jerusalem-Tag) ist der Tag des Widerstandes der Unterdrückten gegen die Unterdrücker.«
Die »Unterdrückten«, ist auf ihrer Website zu erfahren, leisten natürlich nicht immer Widerstand, sondern denken beispielsweise darüber nach, wie man »Adolf Hitler, Stalin, Sharon, Saddam Hussein, George Bush, und manch andere[n] aus unserer Zeit oder davor«, bewerten könne, die sie für »Menschen« halten, »die für zu viel Unheil und Zerstörung auf der Welt verantwortlich sind«.
Donald J. Trump hat es noch nicht in eine Reihe mit Adolf Hitler geschafft, Stalin oder Blutsäufer Saddam Hussein, der Webmaster war wohl zu beschäftigt für ein Update. Allerdings läßt die Aufzählung auch so Rückschlüsse auf das Weltbild dieser »Unterdrückten« zu: Die Gleichsetzung Ariel »Arik« Sharons oder George Bushs mit Adolf Hitler leugnet dessen beispiellose Verbrechen.
Aber vielleicht ist es gerade diese Anbiederung an den sekundären Antisemitismus, die dem Al-Quds-Tag in Berlin die Genehmigung sichert: Wer mutig »Nein« sagt »zur zionistischen Apartheid Israels!« und mit Adolf Hitler nichts zu tun haben will, kann es doch nur gut meinen. Und so sind auch 2017 jene die Störenfriede, denen an der Zivilisation liegt, allenfalls bitten dürfen sie.
Darüber hinaus aber müssen sie sich bereits jetzt als Erben Adolf Hitlers beschimpfen lassen, als Nachfolger Stalins oder auch »nur« als Saddam Husseins Komplizen, während der Staat Israel schamlos dämonisiert, sein Existenzrecht attackiert wird: Es gibt nicht den geringsten Grund, solchen Gestalten ein Demonstrationsrecht zuzubilligen. Wer es dennoch tut, ist mitschuldig.
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