Von Soeren Kern
- Nach Angaben der
Staatsanwaltschaft plante die Gruppe unter anderem, eine zufällig
ausgewählte Person zu entführen, sie in einen orangefarbenen Overall zu
kleiden und dann zu filmen, wie das Opfer geköpft wird.
- Katalonien hat nicht nur die größte muslimische Bevölkerung in
Spanien, sondern auch die höchste Konzentration von radikalen Islamisten
in Europa und ist ein wichtiges Zentrum des Salafi-Dschihadismus auf
dem Kontinent.
- "Aber was sie nicht wissen, ist, dass wir alle, sobald sie uns
wählen lassen, für islamische Parteien stimmen werden, denn wir glauben
nicht an links und rechts. So werden wir die Stadträte erobern, und
indem wir anfangen, in der autonomen Region Katalonien immer mehr Macht
anzuhäufen, kann die Verwirklichung des Islam beginnen", sagt der
salafistische Prediger Abdelwahab Huzi aus Lleida.
Die Polizei in Katalonien, der Region im Nordosten Spaniens, hat elf
Mitglieder einer dschihadistischen Zelle festgenommen, die plante, in
Barcelona eine zufällig ausgewählte Person zu köpfen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte die Zelle aktiv
Dschihadisten für den Islamischen Staat rekrutiert, zudem wird ihr
vorgeworfen, Bombenanschläge auf öffentliche und private Gebäude in
Katalonien geplant zu haben, darunter ein jüdischer Buchladen in
Barcelona.
Die Verhaftungen werfen erneut Licht auf das sich immer mehr zuspitzende
Problem des radikalen Islam in Katalonien, einer der Regionen mit dem höchsten muslimischen Bevölkerungsanteil in Europa.
Der Zugriff erfolgte am 8. April, als mehr als 350 Polizisten sieben
Razzien in fünf katalonischen Gemeinden durchführten. Die nun
zerschlagene Zelle firmierte unter dem Namen
Islamische Bruderschaft für das Predigen des Dschihad.
Laut Polizeiangaben war es das Hauptziel der Zelle, zu zeigen, dass
Terroranschläge wie die, die der Islamische Staat im Irak und in Syrien
durchführt, auch im Westen verübt werden können.
Einer
von mehreren muslimischen Dschihadisten, die planten, Terroranschläge
in Katalonien zu verüben, wird von der Polizei verhaftet, 8. April 2015.
(Foto: Screenshot des Fernsehsenders RTVE)
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Die Staatsanwaltschaft wirft der Gruppe vor, unter anderem geplant zu
haben, eine zufällig ausgewählte Person zu entführen, sie in einen
orangefarbenen Overall zu kleiden und dann zu filmen, wie das Opfer
enthauptet wird.
Außerdem soll die Gruppe angeblich vorgehabt haben, die
Filialleiterin der Banco Sabadell, einer lokalen katalonischen Bank, zu
entführen und Lösegeld zu erpressen, um damit ihre Terroraktivitäten zu
finanzieren.
Die Verdächtigen – zehn Männer und eine Frau – sind im Alter zwischen
17 und 45 Jahren. Fünf von ihnen sind spanische Bürger, fünf
Marokkaner, einer stammt aus Paraguay.
Der Anführer der Zelle wurde als Antonio Sáez Martínez identifiziert;
es handelt sich um einen Spanier, der zum Islam konvertierte, nachdem
er eine Muslimin geheiratet hatte. Martínez, der auch als "Ali, der
Friseur" bekannt war, arbeitete als solcher in Barberà del Vallès, einem
Vorort von Barcelona.
Aus dem zehnseitigen
Haftbefehl, den Santiago Pedraz unterschrieben hat, ein Richter am Obersten Gerichtshof (
Audiencia Nacional)
in Madrid, hat der spanische Geheimdienst mindestens fünf
Telefongespräche mitgehört, die Martínez mit anderen Mitgliedern der
Zelle geführt hat; darin unterhielten sie sich über radikalen Islam und
planten Anschläge in Katalonien. Unter den potenziellen Zielen waren
Einrichtungen der Polizei und des Militärs, und sogar das Gebäude des
katalonischen Parlaments.
Martínez ist mit einem spanischen Neonazi-Ideologen namens Diego José
Frías Álvarez bekannt. Den beiden wird nachgesagt, den Hass auf Juden
zu teilen, angeblich sollen sie auch darüber gesprochen haben,
Bombenanschläge auf jüdische Ziele in Barcelona – wie Synagogen und von
Juden geführte Geschäfte – zu verüben.
Bei einer Razzia in Álvarez' Wohnung kam ein großes Waffenversteck
zutage, darunter Granaten, Kriegswaffen, Munition und ein Zielfernrohr
für ein Scharfschützengewehr.
Das Gerichtsdokument besagt, dass Álvarez auch Waffen und Sprengstoff
zu Martínez transportiert habe. In dessen Wohnung fand die Polizei
Anleitungen zum Bombenbau und eine große Menge Chemikalien. Man nimmt
an, dass er mit diesen experimentiert hat, mit dem Ziel, Sprengstoff
selbst herzustellen.
In Martínez' Wohnung fand die Polizei auch islamische Literatur,
darunter die Schriften führender salafistischer Ideologen, Bücher über
den Islamischen Staat und die Muslimbruderschaft, dazu ein
"Al-Qaeda-Rekrutierungshandbuch" und das
Anarchist Cookbook.
Aus dem Gerichtsdokument geht hervor, dass Martínez sich in sehr
kurzer Zeit radikalisiert hat. In einem Tagebuch, das in seiner Wohnung
gefunden wurde, ist ein auf den 13. Juli 2012, den Tag seiner
Konversion, datierter Eintrag, in dem er schreibt:
"Mein Übertritt zum Islam ist für mich ein entscheidender
Moment … Ich bin sehr glücklich mit dieser neuen Verpflichtung und
darüber, ein Muslim in einer christlichen Welt zu sein, die von den
Ungläubigen und Gottlosen beherrscht wird … Meine Mission ist es, ein
guter Muslim zu sein und das zu tun, was notwendig ist, um zum Endziel
[dem Paradies] zu gelangen."
Nur drei Monate später, in einem auf den 14. September 2012 datierten
Eintrag, erwähnt Martínez zum ersten Mal den Dschihad. Er schreibt:
"Ich bin jeden Tag stärker davon überzeugt, dass die
größten Märtyrer nicht zu Märtyrern werden, weil sie es wollen, sondern
wegen der jahrelangen Unterdrückung des muslimischen Volks. Ich bin
überzeugt davon, dass ich irgendwann in der Zukunft dem weltweiten
Dschihad dienen werde."
In einem auf den 26. Oktober 2012 datierten Eintrag schreibt Martínez:
"Ich glaube weiterhin an den inneren Dschihad, mehr aber
noch an den äußeren. Nachdem ich viel gelesen habe, bin ich überzeugt,
dass die Welt in zwei Lager gespalten ist: der globale Dschihad gegen
die Christen und Juden."
Ein weiteres Schlüsselmitglied der Zelle, das im Gerichtsdokument
identifiziert wird, ist Said Touay, ein Marokkaner, dessen
Internetaktivitäten von der spanischen Polizei überwacht wurden. Touay
soll den Islamischen Staat verherrlicht haben und sich Videos radikaler
islamischer Prediger angeschaut haben. Aus dem Dokument geht hervor,
dass er vor allem von Videos fasziniert war, die extreme Gewalt und
Hinrichtungen zeigten.
Touay wurde dabei abgehört, wie er Anschläge in Barcelona vorschlug.
Auf seinem Mobiltelefon fand die Polizei Dutzende Fotos von bekannten
Hotels, Polizeigebäuden und Einkaufszentren, die die Zelle mutmaßlich
auskundschaftete, um Sicherheitsschwachstellen zu ermitteln.
Die Polizei beschattete zudem Gonzalo Cabezas, einen weiteren
spanischen Islamkonvertiten. Laut dem Gerichtsdokument traf Cabezas sich
am 13. September 2014 mit den anderen Mitgliedern der Zelle in
Martínez' Friseursalon, um den erwähnten Entführungsplan zu besprechen.
Am 14. März 2015 beobachtete die Polizei Cabezas in Barcelonas
Montjuic-Areal dabei, wie er Fotos von Hotels in der Nähe des
Olympiastadions machte. Cabezas muss geahnt haben, dass er beschattet
wurde, und benutzte ein "sicheres" Prepaid-Mobiltelefon, doch seine
Tarnung flog auf, als seine Freundin versehentlich seine sichere Nummer
anrief.
Die Polizei lobt die Zerschlagung der Zelle als einen der größten
Erfolge im Kampf gegen den islamischen Terrorismus in Katalonien, der
Heimat von mehr als 465.000 Muslimen, die mehr als sechs Prozent der
katalonischen Bevölkerung von 7,5 Millionen ausmachen.
Katalonien hat nicht nur die größte muslimische Bevölkerung in Spanien, sondern
auch
die höchste Konzentration von radikalen Islamisten in Europa und ist
ein wichtiges Zentrum des Salafi-Dschihadismus auf dem Kontinent. Der
spanische Geheimdienst
nimmt an, dass gut die Hälfte der hundert in Spanien operierenden salafistischen Moscheen in Katalonien zu finden ist.
Ein großer Teil von Kataloniens Problem mit dem radikalen Islam ist jedoch selbstverschuldet.
Die muslimische Masseneinwanderung ist seit Jahrzehnten eine
Schlüsselkomponente der katalonischen Unabhängigkeitsbewegung. Um den
katalonischen Nationalismus und die katalonische Sprache zu fördern,
haben die katalonischen Parteien, die für die Unabhängigkeit eintreten,
über drei Jahrzehnte lang absichtlich die Einwanderung aus muslimischen
Ländern
gefördert,
im Glauben, dass diese Einwanderer – im Unterschied zu jenen aus
Lateinamerika – eher die katalonische Sprache lernen als Spanisch
sprechen würden.
Viele dieser Einwanderer aber sind Anhänger des Salafismus, einer
radikal antiwestlichen Ideologie, die darauf aus ist, Katalonien und
anderen Teilen Europas das Schariarecht aufzuzwingen.
Es ist ein unheilvolles Zeichen für die Zukunft Kataloniens, dass
salafistische Prediger – die die Demokratie kategorisch ablehnen, weil
diese eine von Menschen statt von Gott entworfene Regierung sei –
wahlberechtigte Muslime dazu aufrufen, die Parteien der katalonischen
Separatisten zu unterstützen, um so einen starken Islamismus in
Katalonien zu etablieren.
Abdelwahab Houzi, ein salafistisch-dschihadistischer Prediger in der katalonischen Stadt Lleida,
verkündet:
"Muslime sollten für Pro-Unabhängigkeitsparteien stimmen. Diese
benötigen unsere Stimmen – aber was sie nicht wissen, ist, dass wir
alle, sobald sie uns wählen lassen, für islamische Parteien stimmen
werden, denn wir glauben nicht an links und rechts. So werden wir die
Stadträte erobern, und indem wir anfangen, in der autonomen Region
Katalonien immer mehr Macht anzuhäufen, kann die Verwirklichung des
Islam beginnen."
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