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Neonazis wollen die Fußball-WM für Propagandaaktionen nutzen. In Frankfurt am Main wollen sie eine Solidaritätskundgebung für den iranischen Präsidenten abhalten. von jan langehein
Selten kann man sich als Deutscher so offen und überzeugt zu seiner Nationalität bekennen wie anlässlich einer Fußball-WM, zumal wenn sie vor der eigenen Haustür stattfindet. Werden hierzulande meist nur an öffentlichen Gebäuden und in spießigen Kleingärten Fahnen gehisst, so wird die Zurückhaltung bei der Zurschaustellung nationaler Symbole für die nächsten anderthalb Monate ausgesetzt: Tchibo verkauft schwarz-rot-goldene Hemdchen für die Kleinen, erwachsene Männer kaufen sich Deutschland-Schminksets, und der Supermarkt um die Ecke hat Fahnen für 1,99 Euro im Angebot.
Dass organisierte Neonazis die nationale Stimmung für ihre Zwecke nutzen wollen, ist vor diesem Hintergrund wenig verwunderlich. Bereits im März brachte die NPD einen »WM-Planer« auf den Markt, mit einem Foto des damals im Kader stehenden Nationalspielers Patrick Owomoyela auf der Titelseite und der Aufschrift: »Weiß – Nicht nur eine Trikotfarbe. Für eine echte National-Mannschaft.«
Owomoyela erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen die NPD, in der vorigen Woche wies das Berliner Landgericht die Beschwerde der rechtsextremen Partei zurück. Die Broschüre darf nicht weiter verteilt werden. Ähnliche Angriffe muss auch Owomoyelas Kollege Gerald Asamoah über sich ergehen lassen. Kürzlich fand er sich auf einem Plakat einer Brandenburger Neonazi-Gruppe wieder. Darauf war zu lesen: »Nein, Gerald, Du bist nicht Deutschland.«
Auch während der WM wollen die NPD und diverse Freie Kameradschaften mit Aktionen internationale Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Konrad Freiberg, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, zufolge waren bereits Anfang Mai fünf Neonaziaufmärsche für die Zeit während der WM in den Austragungsorten angemeldet.
Nicht immer wirken diese Aufmärsche rassistisch. In Frankfurt am Main etwa darf sich ein Staatsgast auf die Begrüßung durch Neonazis freuen, der vermutlich gar nicht kommen wird. Für den 17. Juni wurde dort eine Demonstration angemeldet unter dem Motto: »Präsident Achmadinejad – zu Gast bei Freunden«. In dem Aufruf wird die antisemitische Gesinnung als Gemeinsamkeit hochgehalten: »In der Stadt der Börse und der Banken, dem Jerusalem am Main, wollen wir demonstrieren, dass uns wahrheitsliebende und völkische Iraner zu Gast willkommen sind, wir aber die Masseneinwanderung und die Zersetzung des deutschen Volkes verachten.« Auch der Vorsitzende der Landtagsfraktion der sächsischen NPD, Holger Apfel, kündigte an, er werde die iranische Nationalmannschaft anlässlich eines Spiels in Leipzig herzlich in Deutschland willkommen heißen.
Mit soviel Gastfreundschaft von Neonazis können freilich nicht alle Mannschaften rechnen. Insbesondere Anhänger der schwarzafrikanischen Teams gelten als gefährdet. Die Drohungen an sie gehen in erster Linie, aber nicht nur, von deutschen Neonazis aus. Auch der Führer der portugiesischen Nazi-Organisation »Frente Nacional«, Mario Machado, sagte der portugiesischen Wochenzeitung Expresso, dass für das Spiel der Portugiesen gegen Angola Aktionen gegen die afrikanischen Fans geplant seien. Machado ist einer der zahlreichen Gäste, die bei dem »Fest der Völker«, das die NPD am 10. Juni in Jena feiern will, als Redner auftreten sollen.
Angesichts solcher Aussichten ist die Unsicherheit unter Politikern und den Organisatoren der WM groß. Der Grad der Nervosität lässt sich an den Reaktionen ablesen, die Uwe-Karsten Heyes Satz erfahren hat, in bestimmten Gegenden Brandenburgs und anderswo könnten sich dunkelhäutige WM-Touristen ihres Lebens nicht sicher sein. Man hofft auf den Nationalismus der bunt geschminkten Gesichter und fürchtet einen nationalistischen Ausbruch, der den Gästen die Einheimischen in der Weise zeigen könnte, wie sich nicht wenige im Ausland die Deutschen schon immer vorgestellt haben.
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