Saturday, August 26, 2006

Ermittlungen laufen auf Hochtouren

Knapp vier Wochen nach den fehlgeschlagenen Anschlägen auf zwei Züge in Nordrhein-Westfalen laufen die Ermittlungen im In- und Ausland auf Hochtouren. Kriminalexperten gehen davon aus, dass die gefassten Kofferbombenleger in ein Terrornetzwerk eingebunden waren. Das Bundesinnenministerium rechnet mit weiteren Festnahmen.
Gegen den am Freitag in Konstanz festgenommen Verdächtigen wurde am Samstag Haftbefehl erlassen. Der 23 Jahre alte Syrer Fadi A.S. ist nach Angaben der Bundesanwaltschaft dringend verdächtig, die Anschläge zusammen mit den festgenommen Mitbeschuldigten Youssef Mohamad E. H. und Jihad Hamad vorbereitet zu haben. So habe Fadi A.S. zusammen mit Youssef Mohamad E.H. im Internet nach Anleitungen zum Bau von Bomben recherchiert. Gemäß diesen Anleitungen seien die bei den missglückten Anschlägen verwendeten Spreng-Brandvorrichtungen zusammengebaut worden. Darüber hinaus sei Fadi A.S. den Mittätern später bei deren Flucht über die Türkei und Syrien in den Libanon behilflich gewesen.
Über eine Auslieferung des im Libanon festgenommenen mutmaßlichen Terroristen Jihad Hamad gibt es laut Hanning noch keine Gewissheit. Ziel sei aber, "alle Tatverdächtigen in Deutschland vor Gericht zu stellen". Derweil berichtet der "Focus" über enge Kontakte Hamads zum Terrornetzwerk Al-Qaida. So soll der 20-Jährige in dem palästinensischen Flüchtlingslager Ayn al Hilwe aufgewachsen sein, das ab 2003 zur Fluchtstätte für Führungskader und Kämpfer von Al-Qaida geworden sei.
Trotz der Fahndungserfolge wollen die Sicherheitsexperten keine Entwarnung geben. Hanning betonte, Deutschland sei "sehr ernsthaft vom Terrorismus bedroht". Derzeit seien bei der Bundesanwaltschaft rund 200 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit islamistischem Terror anhängig. Als Konsequenz aus den versuchten Anschlägen sieht Hanning verschärfte Kontrollen. So sollte es eine leistungsstärkere Videoüberwachung geben. Auch Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht die Terrorgefahr keineswegs gebannt.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte eine grundsätzliche sicherheitspolitische Neuausrichtung. GdP-Chef Konrad Freiberg rügte, offenbar müsse es erst Terroropfer geben, bevor die Politiker es wagten, notwendige Konsequenzen zu ziehen. Terrordatei und Kronzeugenregelung seien lange diskutierte Selbstverständlichkeiten. Auch müsse durchgesetzt werden, dass die Organisationen des Islam und die Moscheen mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeiteten.
Auch die Politik erhöht den Druck auf die muslimischen Verbände, sich stärker von Islamisten abzugrenzen. CSU-Chef Edmund Stoiber sagte, die Verurteilung des Terrors durch Muslim-Verbände sei ein überfälliger erster Schritt, reiche aber nicht aus. Die muslimischen Mitbürger müssten aktiv gegen Terror Stellung beziehen.
Der Zentralrat der Muslime will nun mit den Sicherheitsbehörden besser kooperieren. Generalsekretär Aiman Mazyek sagte, das Ziel sei, Kontakte zu verbessern sowie "Hemmschwellen und Ängste" gegenüber der Polizei abzubauen. Er räumte ein, die versuchten Attentate hätten den Dialog-Bemühungen des Zentralrats "gewaltig geschadet".
(ddp)

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