Tuesday, September 26, 2006

Scharfe Kritik an Opern-Absetzung: "Kniefall vor Terroristen"

Die Absetzung der Mozart-Oper "Idomeneo" an der Deutschen Oper Berlin wegen befürchteter islamistischer Anfeindungen ist auf heftige Kritik in Politik und Kultur gestoßen. Die Bundesregierung warnt vor Selbstzensur in der Kunst. Die CSU spricht von "purer Feigheit".
„Mit der Berliner Opernentscheidung, die einem Kniefall vor Terroristen gleichkommt, wird die Szene der Radikalen geradezu ermutigt, weiter vermehrt Druck und Drohung auf die abendländische Kultur und das Christentum auszuüben“, sagte der kultur- und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Börnsen. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach warnte vor „Selbstzensur“. Die Deutsche Oper hatte ihre Entscheidung mit Hinweisen der Berliner Sicherheitsbehörden begründet, wonach Szenen der Inszenierung ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko für das Haus darstellten.
Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte, wenn aus Angst vor islamistischer Gewalt Opern abgesetzt würden, sei die Freiheit der Kunst in Gefahr. „Soweit ist es gekommen, dass die Freiheit der Kunst eingeschränkt wird“, sagte er. „Was wird das nächste sein? Werden wir die Freiheit der Rede oder der Predigt einschränken, nur weil wir Angst haben vor möglichen Anschlägen?“ Er sprach von einem „Prüfstein“ für die Haltung der Muslime zu den Werten der Gesellschaft.Kulturstaatsminister Neumann warnt vor Selbstzensur
Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) warnte ebenfalls vor Selbstzensur in der Kunst. Mit Bezug auf die Opern-Absetzung und die Verschiebung des Sendetermins für den Fernsehfilm „Wut“ in der ARD sagte Neumann, wenn die Sorge vor möglichen Protesten „schon zur Selbstzensur führt, dann gerät die demokratische Kultur der freien Rede in Gefahr“.
Der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck, warnte vor „vorauseilendem Gehorsam“. Der Maßstab, „es könnte ja was passieren“, schränke die Kunstfreiheit unzulässig ein. Die Angst vor möglichen Reaktionen müsse schon sehr konkret sein, sagte Staeck.CSU spricht von "purer Feigheit"
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte, es sei unglaublich, dass die Kulturschaffenden hier vor Gewaltpotenzial zurückwichen und sich damit erpressbar machten. „Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang, den hat es so in dieser Form in Deutschland überhaupt noch nicht gegeben.“ Ramsauer warf den Verantwortlichen des Opernhauses vor, nicht aus Respekt vor der Religion zu handeln. „Sondern das ist die nackte Angst vor Gewalt. Das ist nichts als pure Feigheit.“
Das Berliner Landeskriminalamt hatte nach Angaben aus Sicherheitskreisen schon im Juli vor islamistischen Anfeindungen bei einer Wiederaufnahme der Mozart-Oper „Idomeneo“ gewarnt. Der Kulturverwaltung des Berliner Senats sei dazu eine so genannte Gefährdungsanalyse übermittelt worden. Ausgelöst worden sei dies durch einen anonymen Hinweis. „Wir haben mitgeteilt, dass es bei der Aufführung zu Störungen kommen könnte“, bestätigte Polizeisprecher Bernhard Schodrowski. Die Polizei habe die Pflicht, die Lage in der Stadt zu bewerten. Die Polizei betonte, eine konkrete Gefährdung für das Opernhaus sei zur Zeit nicht bekannt.
Regisseur Hans Neuenfels betonte, die beanstandete Szene sei keine Kritik am Islam, sondern die individuelle Sicht Idomeneos auf „jede Form von Religionsstiftung und -stifter“. Idomeneo tritt in der Schlussszene mit einem blutigen Sack auf die Bühne. Daraus zieht er die enthaupteten Köpfe von Poseidon, Jesus, Buddha und Mohammed hervor und zeigt sie triumphierend in die Höhe. Es sei ein „Nebengeräusch zum Hauptgeräusch gemacht worden, ohne es in Wirklichkeit zu überprüfen“, sagte Neuenfels.
WELT.de

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