Tuesday, January 16, 2007

Am 21. Januar mit JA stimmen!


Sehr geehrte Wählerinnen und Wähler in Friedrichshain-Kreuzberg,
am 21. Januar sind Sie aufgerufen, per Bürgerentscheid darüber abzustimmen, ob die Umbenennung eines Teils der Kreuzberger Koch- in Rudi-Dutschke-Straße zurückgenommen werden soll. Auch wenn die Redaktion BAHAMAS ganz bestimmt keine Agentur zur Politikberatung ist, so möchte sie doch Ihnen, die Sie die Möglichkeit zur Stimmabgabe haben, eine Wahlempfehlung geben: Stimmen Sie bitte am 21. Januar mit „Ja“, d.h. gegen die Umbenennung der Kochstraße.
Wir wissen genauso wenig wie Dutschkes engster Kampfgenosse Bernd Rabehl, ob “der Rudi” heute mit ihm gemeinsam die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag beraten würde. Wir wissen aber aus Pamphleten des Prof. Rabehl, dass der Rudi schon zu Zeiten der Subversiven Aktion und erst recht des SDS selbst von seinem Genossen Bernd nur schwer zu bremsen war, „Besatzer raus aus Deutschland!” zu fordern. Auch wissen wir nicht, ob Dutschke sich als aufrechter Deutscher in seinem Hass auf die Vereinigten Staaten von Amerika noch von der NPD hätte übertreffen lassen. Wir wissen aber aus Rudis Schriften und seinen unzähligen Verbalinjurien gegen den „US-Faschismus”, dass „der Rudi“ die Amerikaner als die schlimmeren Nazis einschätzte und wohl einen guten Irving für Linke abgegeben hätte. Wir wissen ebensowenig, ob Rudis „Gretchen” Recht hat, und „der Rudi“ in seinem Selbstverständnis gar kein Nationalrevolutionär war. Wir wissen aber aus seinen Tagebüchern, dass er mit aller Konsequenz und Hingabe wie einer gedacht hat und wir wissen, dass „der Rudi“ die Ressentiments des linken NSDAP-Flügels in Deutschland wieder salonfähig gemacht hat – ausgerechnet als Parolen des „antiautoritären Flügels“ des SDS.
Wir wissen nicht, welchen genaueren Anteil „der Rudi“ daran hat, dass die Phantasien über die geheime Macht des Springer-Verlages bis heute den Vergleich mit denen über die Protokolle der Weisen von Zion oder 9/11 nicht scheuen brauchen. Wir wissen aber, dass Dutschke maßgeblich zu der heute noch gängigen Wahnvorstellung beigetragen hat, das deutsche Volk hätte, um im NS die Erfüllung seiner Wünsche zu sehen, erst manipuliert werden müssen, und die Manipulateure obendrein nicht im Reichspropagandaministerium gesessen hätten, sondern im Springer-Hochhaus in der Kochstraße arbeiteten.
Auch halten wir es für müßig darüber zu spekulieren, was aus den Grünen geworden wäre, wenn „der Rudi“ nicht 1979 abgedankt hätte. Eine neue etymologische Bedeutung des Wortes Rudi-mente aber ergibt sich in Kreuzberg-Friedrichshain. Hier darf mit einigem Recht einer die geistige Dutschke-Nachfolge für sich beanspruchen, der sich mit einem Direktmandat in den Bundestag „reinwählen” ließ, um der Außenwelt zu zeigen, dass man in diesem Bezirk der CDU noch viel schlechtere Wahlergebnisse bescheren kann als es die Zonis im Ostteil der Stadt tun. Auch wenn der grüne Christian nie wie der rote Rudi Ende der 70er das offene Bündnis mit Eso- und Öko-Faschos vom Schlage Springmann und Gruhl herstellen wollte, so ist es doch ein offenes Geheimnis, dass des grünen Christians Wahlerfolg der letzten Jahre in direkt proportionalem Verhältnis zur stetig zunehmenden Anzahl von neuen Bio- und Eso-Läden nicht nur am Kreuzberger Heinrich-Platz oder in der Skalitzer Straße steht.
Sehr geehrte Wählerinnen und Wähler in Friedrichshain-Kreuzberg,
auch wenn wir wissen, dass die CDU ganz bestimmt nicht aus den von uns dargelegten Gründen die Initiative gegen die Umbenennung der Kochstraße ergriffen hat, so möchten wir Ihnen dennoch empfehlen, am 21. Januar mit einem JA deren Anliegen zu unterstützen. Immerhin läßt sich nicht bestreiten, dass die Christdemokraten – wenn auch aus vornehmlich falschen Gründen – das Richtige tun.
Stimmen Sie also nicht für die CDU, stimmen sie gegen die Ströbele-Deutschen, um zu verhindern, dass irgendwann einmal Realität werden könnte, was in deren Zentral-Organ gewünscht wird: „Der Slogan ,Wir brauchen eine krasse / Rudi-Dutschke-Strasse‘ hat gute Chancen, in Kreuzberg zum geflügelten Wort zu werden. Weil er fast schon so einprägsam ist wie ,Schafft ein, zwei, viele Vietnam‘. Und weil es kaum einen schöneren Ort für die Weltrevolution gäbe als die Kreuzung Dutschke Ecke Springer.“ (taz)
Redaktion-Bahamas, 15. Januar 2007

P.S.: Dass heute die Aufgabe des Revolutionärs gerade in Hinsicht auf Rudi Dutschke und seine Folgen nur in der Verhinderung einer Revolutionierung der Massen bestehen kann, wird in absehbarer Zeit im Rahmen einer Veranstaltung die Redaktion BAHAMAS öffentlich begründen. Um freundliche Beachtung einer konkreten Ankündigung wird gebeten (www.redaktion-bahamas.org.)
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