Mit der Festnahme des 17jährigen Ogün S., der am Samstag den Mord an dem armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink gestanden hat, geben sich viele in der Türkei nicht zufrieden. Sechs weitere Personen aus Trabzon wurden verhaftet. Die Stadt im Nordosten gilt als eine Hochburg der Rechtsextremen. Nach Angaben der Polizei hat am Montag ein Jugendlicher gestanden, S. angestiftet zu haben.
Dass lediglich ein paar Jugendliche aus der Provinz für den Mord verntwortlich sind, kann jedoch niemand so recht glauben. Denn der Chefredakteur der zweisprachigen armenisch-türkischen Zeitschrift Agos war eine prominente Persönlichkeit. Der türkischen Justiz zufolge hatte er »das Türkentum verunglimpft«. Dink setzte sich seit Jahren für die Aufarbeitung der Massaker an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs ein, mit dem Ziel, den Diskurs der nationalistischen Propaganda zu brechen und die türkische Bevölkerung mit ihrer Geschichte zu konfrontieren. Deshalb wollte er sich auch nicht auf Begriffsdiskussionen einlassen: »Das Wort ›Genozid‹ ist für mich nicht entscheidend. Wenn wir uns der Geschichte mit juristischen Begriffen nähern, die international eine spezifische Bedeutung haben, verhindern wir, dass wir begreifen, was damals passiert ist«, sagte Dink vor einem Jahr im Interview mit der Jungle World (Nr. 17/05).
federica matteoni
jungle world
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