Die sogenannte strategische Telefonüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst (BND) nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 war rechtmäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil entschieden. Die knapp dreiwöchige Maßnahme sei notwendig gewesen, um der damals drohenden Anschlagsgefahr zu begegnen, hieß es zur Begründung.
Vom 18. Oktober bis 5. November 2001 wurde durch den BND eine Vielzahl von Telefonverbindungen nach bestimmten Suchbegriffen erfasst und in ausgesuchten Fällen ausgewertet. Betroffen waren Telefongespräche, die vom Ausland nach Deutschland und von hier ins Ausland geführt wurden.
Ein verurteilter islamistischer Terrorist, bei dem in diesem Zeitraum fünf Telefonate abgehört wurden, scheiterte nun mit seiner Klage gegen diese Maßnahme. Das Gericht betonte, dass die Überwachung notwendig gewesen sei, um die von Al-Qaida ausgehende Terrorgefahr "mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig zu erkennen" und ihr zu begegnen. Der Bezug zur Bundesrepublik sei "mit dem befürchteten Aufenthalt" von islamistischen "Schläfern" in Deutschland gegeben gewesen. Die Überwachung habe der Sammlung notwendiger Informationen gedient.
Geklagt hatte der jordanische Terrorist Mohamad Abu D. Er war im Oktober 2005 vom Oberlandesgericht Düsseldorf im sogenannten zweiten Al-Tawhid-Verfahren unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Er verbüßt seine Strafe in Köln.
Sein Anwalt hatte auch geltend gemacht, dass sein Mandant zu spät über die Abhörmaßnahme informiert worden sei. Tatsächlich hatte der BND ihn erst Ende 2006 darüber benachrichtigt.
Das Bundesverwaltungsgericht sah darin aber keinen Rechtsverstoß. Der BND habe in Übereinstimmung mit der G-10-Kommission des Bundestages zu Recht fünf Jahre lang von einer Mitteilung abgesehen. Denn in dieser Zeit habe noch nicht ausgeschlossen werden können, dass der Zweck der Überwachungsmaßnahme gefährdet werden konnte. Die G-10-Kommission entscheidet über die Notwendigkeit und Zulässigkeit sämtlicher Telefonüberwachungsmaßnahmen des Bundesnachrichtendienstes.
Der BND hatte dem Kläger Ende 2006 in knappen Worten mitgeteilt, dass der Dienst "vom 18. Oktober bis 5. November 2001 insgesamt fünf Telekommunikationen erfasst (habe), die von Telekommunikationsanschlüssen ausgingen, die auf (den Kläger) angemeldet waren".
Nach Angaben eines Gerichtssprechers war damals eine "sehr große Zahl" von Telefonen im Blick des BND. Diese Zahl sei aber durch den Suchbegriff-"Filter" gewaltig reduziert worden auf "wenige" Telefonate, die letztlich abgehört wurden. Wie viele Anschlüsse erfasst wurden, wurde dem Gericht nicht gesagt. "Das blieb im Geheimen", sagte der Gerichtssprecher.
Das Urteil ist rechtskräftig, weil das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz für Rechtsstreitigkeiten aus dem Geschäftsbereich des BND zuständig ist. Die Entscheidung kann nur mit einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht angegriffen werden. Es gebe aber bislang keinen Hinweis, dass dies vom Anwalt des Klägers beabsichtigt sei, sagte der Gerichtssprecher. Dies sei auch das einzige Verfahren zur "strategischen Telefonüberwachung", das zum Bundesverwaltungsgericht gelangt sei.
(AZ: BVerwG 6 A 1.07 - Urteil vom 23. Januar 2008)ddp