Sunday, February 12, 2012

Bundesdeutsche Justiz: Der Kotau vor dem Mob

Bild: Auszug aus dem Gemälde “Die Stützen der Gesellschaft” von George Grosz
Das Appeasement gegenüber dem Islamismus nimmt bisweilen bizarre Formen an, längst auch auf juristischer Ebene: Während das Verteilen von Toilettenpapier mit dem Aufdruck „Koran“ hierzulande eine Bewährungsstrafe einbringt und auch die Verbreitung von Mohammed-Karikaturen diese Sanktion nach sich ziehen könnte, wird das Verfahren gegen den Verantwortlichen für einen Mordaufruf auf der Internetseite Muslim Markt gar nicht erst eröffnet. Was in der Konsequenz zum Skandal taugt, hat vordergründig widersprüchliche Auffassungen über den Islam zur Grundlage; diese Widersprüche werden jedoch in einer Rechtsauffassung versöhnt, die einer Gemeinschaft beleidigter Gläubiger de facto die Definitionshoheit darüber zuweist, was Gotteslästerung ist, und die das Strafmaß danach richtet – ein Rückfall in vorbürgerliche Zeiten.
Da wird Yavuz Özoguz (46) erst einmal durchgeschnauft haben: Sein Fall wird vor dem Landgericht Oldenburg nicht zur Verhandlung kommen, „da das Ergebnis der Ermittlungen eine Verurteilung des Angeschuldigten nicht wahrscheinlich macht, insbesondere nicht den hinreichenden Verdacht einer öffentlichen Aufforderung zu einer Straftat trägt“, wie es im Juristendeutsch heißt. Der Betreiber des antisemitischen und islamistischen Internetportals Muslim Markt hatte im September vergangenen Jahres einen Text auf die rege frequentierte Website gestellt, in dem er dem islamkritischen Publizisten und Orientalisten Hans-Peter Raddatz unverhohlen nach dem Leben trachtete:

„Lassen Sie uns doch gemeinsam folgendes Gebet beten: Wenn der Islam so ist, wie
Raddatz es immer wieder vorstellt, dann möge der allmächtige Schöpfer alle
Anhänger jener Religion vernichten! Und wenn Herr Raddatz ein Hassprediger und
Lügner ist, dann möge der allmächtige Schöpfer ihn für seine Verbrechen
bestrafen und diejenigen, die trotz mehrfacher Hinweise auf die verbreiteten
Unwahrheiten von Raddatz immer noch darauf bestehen, auch.“
Der Oldenburger Staatsanwalt Bernhard Südbeck sah nach diesen Zeilen „die Gefahr eines zweiten Falls Theo van Gogh“ gegeben und erhob Anklage gegen Özoguz wegen des öffentlichen Aufrufs zu Straftaten. Doch das von der Staatsanwaltschaft eingeschaltete Bundeskriminalamt (BKA) kam kurz darauf in einem Gutachten zu einem anderen Ergebnis: Das Pamphlet stelle „aus europäischer Sicht keinen Mordaufruf“ dar. Dieser Sichtweise schloss sich nun auch das Oldenburger Landgericht an. Der Passus könne „auch als Verwünschung, Verfluchung, Einschüchterung, Bedrohung oder Stimmungsmache interpretiert werden“, sagte eine Justizsprecherin; zudem fehle eine „bewusst-finale Einwirkung auf andere mit dem Ziel, bei ihnen den Entschluss zu Gewalttaten hervorzurufen“.
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