Seit dem zu erwartenden Kompromiss in letzter Minute sind die USA genauso pleite wie zuvor, fühlen sich aber ein bißchen besser damit. Kam doch Herr Obama selbst zu später Stunde vor die TV-Kameras und hat gesagt: “Wenn wir uns nicht auf Politik konzentrieren, sondern auf das, was richtig ist für unser Land, dann geht es voran” - fragt sich nur, wohin.
Das ist ein ganz feines Statement, Herr Obama: Wenn alles gut geht, sind wir Democrats es gewesen, aber wenn uns morgen der Himmel auf den Kopf fällt, liegt es an der Opposition? Das hat der US-Präsident mit dieser rhetorischen Formel wohl mehr oder weniger zum Ausdruck bringen wollen.
Aber so so muss man reden, wenn man die Opposition “politisch” in die Pflicht nehmen will. Immerhin braucht der US-Präsident die Stimmen der Republicans, wenn er im Repräsentantenhaus eine Mehrheit haben will für sein laufendes Budget 2013 – das geht nur in einer Regierung der nationalen Front.
Was das für die Demokratie an sich als solche bedeutet, sehen wir dann, nicht wahr, liebe Democrats? Aber dank einigem kosmetischen Hickhack, den zentrale Figuren der GOP, namentlich die Herren Boehner und Cantor, gestern Abend noch veranstaltet haben, blieb zumindest der Anschein von politischem Dissens gewahrt.
Und so konnte Herr Obama pünktlich zum ersten Arbeitstag im neuen Jahr erzählen: “Dank der Stimmen der Democrats und Republicans werde ich ein Gesetz unterschreiben, mit dem die reichsten 2% der Amerikaner stärker besteuert werden um Steuererhöhungen zu vermeiden, welche die amerikanische Wirtschaft in die Rezession zurückgeworfen hätten.” Ach so.
Jeder landläufige “Occupy”-Aktivist hätte das alles nicht besser auf den Punkt bringen können. Diese “Politik” will nicht nur das sprichwörtliche 1%, sondern auch noch das andere Prozent stärker in die Steuerpflicht nehmen. Und ist aus Sicht der “Linken” vermutlich gleich doppelt so gerecht, weil sie nicht nur eins, sondern gleich zwei Prozent der Bevölkerung “politisch” haftbar macht, jaja.
Das strukturelle Problem, die galoppierende Staatsverschuldung und die politische Unfähigkeit, an irgendeiner Stelle auch nur die klitzekleinste Kleinigkeit aus dem Budget zu streichen, bleiben vom Kompromiss in letzter Minute selbstverständlich völlig ungelöst.
Es hilft ein Blick auf die Zahlen, um zu verstehen, was in den USA gerade passiert:
Steuereinnahmen: $2.170.000.000.000
Bundesbudget: $3.820.000.000.000
Neuverschuldung p.a.: $1.650.000.000.000
Staatsverschuldung: $14.271.000.000.000
Aktuelle Sparmaßnahmen: $38.500.000.000
Streichen wir einfach mal die letzten acht Nullen, dann wird eine recht übersichtliche Haushaltsrechnung draus:
Jahreseinkommen: $21.700
Jährliche Ausgaben: $38,.200
Neue Schulden bei der Bank pro Jahr: $16.500
Bestehende Verschuldung bei der Bank: $142.710
Aktuelle Sparmaßnahmen bis jetzt: $385
Angesichts dieser Zahlen wird es wohl nicht reichen, wenn sich alle Amerikaner in Zukunft statt Butter nur noch Margarine auf ihre Sandwiches schmieren. Aber die Sache hat auch ihre gute Seite. Die mit $ 1,65 Billiarden doch recht substanzielle Neuverschuldung senkt den Wert der US-Währung, und das ist genau das, was die US-Exporte derzeit nur zu gut gebrauchen können: ein kleines Stimuluspaket.
Aber nicht nur bei der Fed, sondern auch bei andere Notenbanken ist für 2013 eine deflationäre Geldpolitik angesagt, weil der Wirtschaft durch Verbilligung der Exporte wieder zurück aufs Pferd geholfen werden soll; das ist bekanntlich eine der vornehmsten Aufgaben souveräner Währungspolitik.
Denn: Was Germany kann, das können wir auch – nämlich: Währungspolitik als Konjunkturprogramm. Was Deutschland in der Eurozone angestellt hat, ist immerhin keine Raketenwissenschaft, sondern das, was bereits seit den 30ern des letzten Jahrhundert als “die Nachbarn schröpfen” bekannt ist. Oder, mit anderen Worten: Der böse alte Abwertungskrieg ist zurück! Nur keine Panik, meine Damen und Herren, aber legen Sie schon mal Ihre Schwimmwesten an, Frauen und Kinder wie immer zuerst.
Sowohl die Bank of England als auch die Bank of Japan und zwei, drei skandinavische Staaten, die nicht blöd genug für den Euro waren, schielen nach dieser Seite der Wirtchaftspolitik. Das bereits im letzten Jahr begonnene quantitative easing durch Erhöhung der Geldmenge hat in Groß Britannien bereits einen ersten Erfolg, denn das herstellende Gewerbe ist bereits im letzten Quartal wieder in den Aufwind gekommen.
Die werden sich gesagt haben: Was “Europa” kann, das können wir auch. Da wir unsere Produkte nicht nach innen verbilligen können, machen wir sie eben nach außen etwas billiger, um mehr Nachfrage zu bekommen. Das ist schließlich einer der Gründe, aus dem man eine eigene Währung hat.
Das sind für die Eurozone keine guten Nachrichten, denn die steht “geldlich” und ”politisch” bereits mit dem Rücken zur Wand: Die Einheitsgröße in der Währungspolitik hat zwar für Germany bislang mehr oder weniger prima funktioniert, hat die Eurozone aber bereits jetzt in die schlimmste Krise seit dem Ende des zweiten Weltkriegs gestürzt.
Der griechische Einzelhandel hat seit 2008 etwa ein Viertel seiner Umsätze verloren, und in Spanien geht man für das laufende Jahr 2013 von einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 30% aus; das sind nur die offiziellen Zahlen, denn viele melden sich gar nicht erst beim Amt.
Um die Automobilindustrie in Frankreich ist es schlecht bestellt: die Grande Nation verliert derzeit 50.000 Arbeitsplätze pro Monat. Die Betroffenen werden dann beim Monsieur aus dem Elysée die Hecke schneiden können und das Laub einsammeln; da wird es jetzt immer sehr gepflegt sein bei Monsieur Hollande.
Allein Italien verspricht einen Hoffnungsschimmer: Entweder sind schon bald die guten alten Bunga-Bunga-Parties wieder da, oder Mutti bekommt ihren Monti zurück – diesmal sogar mit demokratischem Mandat!
Das ist die Quittung, die Little Europe sich damit eingebrockt hat, dass es sich auf die Chimäre von der Einheitswährung unter deutscher Führung eingelassen hat. Ob das Germany über kurz oder lang auf die Füße fallen wird? Ob die Opfer deutscher Wirtschaftspolitik, namentlich in der “Euro-Zone”, sich das noch lange gefallen lassen? Die “Euro-Krise” belegt schon jetzt sehr eindrucksvoll, was passiert, wenn man Menschen einen Job machen lässt, von dem sie nichts verstehen.
In diesem Fall sind es “Politiker” wie Herr Schäuble und Frau Dr. Merkel, die was für den Standort und die Arbeitsplätze machen wollen – nicht zuletzt für ihre eigenen, versteht sich. Eine “Politik”, die sich aller real-existierenden Empirie zum Trotz noch immer “alternativlos” wähnt – mal sehen, wie lange die eurozonalen Nachbarn sich das noch gefallen lassen.
Das sind selbstverständlich ungemütliche Aussichten. Denn wenn der Zusammenbruch des staatlichen Monopolkapitalismus in den ehemaligen Sowjetrepubliken schon kein Spaßvergnügen war, dann wird der Zusammenbruch des “Kapitalismus” in der EudSSR nicht unbedingt ein Sonntagsspaziergang sein.
Gerrit Liskow via haolam
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