Monday, May 20, 2013

Swivelgate: Farage empfiehlt den Tories UKIP

von Gerrit Liskow
In einem der furchtlosesten Zeitungsinserate seit Saatchi & Saatchi Anfang der 80er Jahre für British Airways die Kampagne „We´re moving Manhattan“ erfand, hat Nigel Farage, Hoffnungsträger der UK Independence Party, in einem offenen Brief im Daily Telegraph die Mitglieder und Aktivisten der Tory Party dazu aufgerufen, ihrer Partei den Rücken zu kehren und sich UKIP anzuschließen.
Die unerschrockene Werbebotschaft nutzt eine Situation, in der die Tories mit offener Hose erwischt wurden: Über das Wochenende war bekannt geworden, dass eine „hochrangige“ Tory-Figur aus dem „näheren Umfeld des Premierministers“ die Aktivisten seiner Partei im Beisein von Reportern als „mad swivel-eyed loons“ / „bösartige durchgedrehte Irre“ bezeichnet hat. Dieses „Swivelgate“ hat über das Wochenende ziemliche Wellen geschlagen.
Bei den angeblich „durchgedrehten Irren“ handelt es sich nämlich um diejenigen Parteimitglieder, die zu Wahlkampfzeiten praktisch jedem Wetter trotzen um für ihre Kandidaten den in Groß Britannien üblichen Wahlkampf an der Haustür durchzuführen, selbstverständlich unentgeltlich. Es kann nicht sehr klug sein, diese Leute als „Irre“ zu bezeichnen – vor allem nicht seitens einer Parteiführung, die selber im Ruf steht, sich gerne mal die gebratenen Tauben in den Mund fliegen zu lassen.
Lord Feldman, der in diesem Zusammenhang in den einschlägigen „sozialen“ Netzen gerüchteweise als Hauptverdächtiger behandelt wurde, erwägt inzwischen, gegen derartige Unterstellungen juristisch vorzugehen. Lord Feldman wird in seinen Dementis von prominenten Parteifreunden unterstützt, die seine Glaubwürdigkeit betonen.
Es ist nach wie vor unklar, wer aus der Tory Party die abwertenden Äußerungen gemacht hat, die Mr Farage jetzt für seinen Werbeschachzug nutzen möchte. Währenddessen wurde auf BBC Radio 2 bereits über eine neue 10, Downing Street Soap Opera spekuliert. Titel: „Ich bin der Premierminister – holt mich hier raus!“
Mr Farage schreibt in seinem offenen Brief: „Nur eine Regierung von College-kids, die noch nie in ihrem Leben einen richtigen Beruf ausgeübt haben, würde ihre eigene Basis auf derartig arrogante Art und Weise abschreiben.“ Die Tory Party habe ihre Basis beleidigt, die konservativen Werte ihrer Wählerinnen und Wähler verraten und damit jedes Vertrauen verspielt, so Mr Farage.
Ferner attestiert Mr Farage der „politischen“ Kaste Groß Britanniens, den Kontakt zur Wirklichkeit völlig verloren zu haben – ein Vorwurf, der aus seiner Sicht aber nicht nur die Tories, sondern auch LibDems und Labour betrifft. Mr Farage schließt seine Ausführungen mit dem Appell, die Interessen Groß Britanniens vor parteipolitische Präferenzen zu stellen und „to get our country back“. Also: an die EU abgegebene politische Kompetenzen zurückzugewinnen und demokratische Entscheidungen wieder dort zu treffen, wo sie getroffen werden sollen, nämlich im Parlament von Westminster.
Bislang hat erst ein Kreisverbandsvorsitzender der Tory Party angekündigt, sich dem Aufruf anzuschließen und zu UKIP zu wechseln, aber es ist damit zu rechnen, dass die Basis der konservativen Partei über die nächsten Wochen weiter erodieren könnte.
Die Aussichten auf eine zweite Amtszeit von Mr Cameron sind indes so vage wie noch nie, während darüber nachgedacht wird, ob die politische Krise in Groß Britannien in Form einer Personalie gelöst werden könnte und zwar möglichst bevor es Zeit wird, in den nächsten Wahlkampf zu gehen.
haolam

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