Thursday, June 13, 2013

Hessen stellt Muslime mit Kirche gleich

Hessen hat der Ahmadiyya Muslim Jamaat als erster muslimischer Gruppierung in Deutschland den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuerkannt. Kritik daran kam am Donnerstag ausgerechnet aus der Regierungsfraktion im hessischen Landtag.

Der Körperschaftsstatus gibt der Ahmadiyya-Gemeinde in Hessen das Recht, Steuern zu erheben oder eigene Friedhöfe zu bauen. Zudem erhält sie Steuererleichterungen und ist für den Staat Ansprechpartner in allen Belangen, zum Beispiel, wenn es um die Erteilung von islamischem Religionsunterricht an Schulen geht. Schon seit Dezember steht fest, dass die Ahmadiyya-Gemeinschaft gemeinsam mit dem hessischen Landesverband der DITIB ab dem Sommer als Partner der Politik einen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht anbieten wird. Die Ahmadiyya-Gemeinde hatte sich bereits vor dem Verfahren zur Anerkennung darum beworben.

„Wollen neue Rechte zurückhaltend nutzen”

Der Sprecher der Ahmadiyya Muslim Jamaat, Mohammad Dawood Majoka, erklärte auf Anfrage von pro, wenn es nach ihm gehe, folgten dem hessischen Beispiel schon bald weitere Bundesländer. Obwohl seine Gemeinde im Vergleich mit den Volkskirchen eine „sehr sehr kleine” Gruppe sei, hoffe er als nächstes auf eine Anerkennung in Hamburg, sodass die Gemeinschaft dann auch dort als Partner der Landesregierung den islamischen Religionsunterricht ausrichten könne. Wichtig sei es den Muslimen auch, schon bald einen eigenen Friedhof in Deutschland zu haben. Vom Recht des Steuereinzugs wolle Ahmadiyya aber keinen Gebrauch machen. Obwohl er sich freue, dass es der Gemeinde nun auch einfacher fallen werde, Grundstücke für Moscheen zu finden, seien auch hier keine neuen Bauvorhaben in Planung. „Wir wollen unsere neuen Rechte verantwortlich nutzen und zurückhaltend agieren”, sagte er.

Die muslimische Gruppe gilt als reformatorische Bewegung im Islam. Sie beruft sich auf ihren Propheten Mirza Ghulam Ahmad, der die Gemeinschaft Ende des 19. Jahrhunderts in Indien gründete. Von vielen Muslimen wird die Ahmadiyya-Gemeinde nicht anerkannt. Sie lehnt einen gewaltsamen Dschihad ab und erkennt das Recht auf Religionsfreiheit an. Auch was die Rolle der Frau angeht, hat die Ahmadiyya Muslim Jamat den Ruf, fortschrittlich zu sein, auch wenn der Moscheebesuch getrenntgeschlechtlich stattfindet. Deutschlandweit hat sie nach eigenen Angaben 35.000 Mitglieder und unterhält 39 Moscheen. Das religiöse Oberhaupt, Kalif Mirza Masrur Ahmad, kommt aus Pakistan und lebt in London.

Schon lange versuchen muslimische Gruppen in Deutschland, einen Körperschaftsstatus zu erlangen. Nicht nur die großen Kirchen, auch zum Beispiel die Zeugen Jehovas, sind in Teilen der Bundesrepublik als Körperschaft anerkannt. Voraussetzungen dafür sind Rechtstreue, aber auch Formalia wie eine Registrierung der Mitglieder oder eine klare theologische Basis. Die Ahmadiyya-Gemeinden verfügen im Gegensatz zu anderen muslimischen Glaubensgemeinschaften Ein- und Austrittsmöglichkeiten und eine klare religiöse Lehre.

„Weiterer Beitrag zur Islamisierung”

Kritik an der Anerkennung als Körperschaft kommt ausgerechnet aus der hessischen Regierungsfraktion. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, Hans-Jürgen Irmer, erklärte auf Anfrage von pro, es sei nun nur noch eine Frage der Zeit, bis andere muslimische Organisationen ebenfalls anerkannt würden. „Das ist ein weiterer Beitrag zur Islamisierung der Republik”, sagte Irmer. Zudem vertrete die Ahmadiyya-Gemeinde seiner Meinung nach eine patriarchalische Sicht auf das Miteinander von Mann und Frau und sei etwa gegen den gemeinsamen Sportunterricht von Jungen und Mädchen. „Allein deshalb ist sie schon ungeeignet, den Islamunterricht an den Schulen zu verantworten”, ist der CDU-Politiker überzeugt.
pro-medienmagazin

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