Ein Trumpf auf der Hand schadet nicht. Auch nicht, wenn man sich gar nicht bewusst ist, dass man ihn hat. Gestern war wieder Gutachtertag im Verfahren wegen der tödlichen Schüsse von Wilflingen. Es geht um die Psyche des Angeklagten.
Dass der Mann seinen Nachbarn erschossen hat, steht außer Frage. Dass er mit seiner Tat schwere Schuld auf sich geladen hat, für die er nun büßen muss, ist ihm bewusst. Auch gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen habe er das mehrfach geäußert. Doch was war los mit dem 39-Jährigen an jenem Julinachmittag? Weshalb hat er, der bereits früher in der Türkei Sportschütze gewesen sein soll und auch nach seiner Übersiedlung nach Deutschland diesem Hobby nachging, der wohl einen verantwortungsbewussten Umgang mit Waffe und Munition pflegte, seinen Nachbarn mit neun Schüssen getötet?
Sicher, es gab jahrelang Clinch. Zu einer richtigen Auseinandersetzung war es bis dahin nicht gekommen. Vor Gericht hatte man sich schon getroffen, der Bürgermeister soll vergebens interveniert haben. Aber ansonsten noch nicht einmal eine Ohrfeige – was sicher auch nicht okay gewesen wäre. Doch diese Tötung?
Im Schwurgerichtssaal referiert ein Gutachter, der auch am Rottweiler Landgericht gut bekannt ist, als sehr erfahren gilt, einer, der auch den Weg zu seinen Feststellungen beschreibt und den Juristen damit die Möglichkeit gibt, zu entscheiden, ob sie einen Gedanken verwenden können und müssen oder nicht. So warnte er denn gleich vor: Sein Gutachten werde, eher untypisch, sehr medizinisch ausfallen. Weshalb, das werden die Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit in den nächsten zweieinhalb Stunden erfahren.
Eine ganze Reihe Auffälligkeiten hat der Sachverständige beim Angeklagten festgestellt. Da ist eine Depression, mittel- oder leichtgradig, eine generalisierte Angststörung, eine Amnesie, deren Verlauf eher dafür spricht, dass sie nicht vorgeschoben ist, eine hochgradige Einschränkung der emotionalen Belastbarkeit. Insgesamt gebe es emotional instabile, paranoide Persönlichkeitszüge. All das sei weit davon entfernt, für sich genommen einen so erheblichen Krankheitswert zu erreichen, dass er in Bezug auf die Schuldfähigkeit juristisch relevant werden könnte. Als Mediziner hat der Sachverständige noch einen bemerkenswerten Baustein herausgearbeitet: Der Täter, ein Muslim, der sich ans Fastengebot hält, war aus genau diesem Grund zur Tatzeit in körperlich schlechtem Zustand. Die Fastenzeit lag 2013 im Sommer, bei einem Maximum an Tageslichtstunden – ein Maximum, das den Körper belastet. Kleines Frühstück, dann normale Schichtarbeit, Leben: Ohne Flüssigkeit im Hochsommer ein gefährlicher Mix.
Tatsächlich errechnete der Sachverständige einen Flüssigkeitsverlust von um die sechs Liter. Das hat Folgen. Nicht nur, dass bestimmte Werte in lebensbedrohende Bereiche vorgedrungen waren, durch die Begleiterscheinungen ist man auch kognitiv nicht mehr auf der Höhe. Das alles zusammen – insgesamt sind es acht Faktoren, die sich teils überlagern, teils wechselwirksam sind, bildet die Basis für das Tatgeschehen, das der Sachverständige als eher seltene zweizeitige Affekttat charakterisiert.
Auslöser war eine kränkende Beschimpfung gewesen. "Das war der Zünder." Wenn es diese Beleidigung nicht gegeben hätte, hätte sich der Täter wohl einfach hingelegt, um nachts zum Fastenbrechen aufzustehen. Nichts sonst wäre passiert, ist der Sachverständige überzeugt.
Der heimliche Orientalismus Deutschlands,durchleuchtet von Fred Alan Medforth
Friday, March 07, 2014
Rottweil: Flüssigkeitsverlust während des Ramadan als mildernde Umstände für einen Mord ?
Dieser Dhimmi-Artikel lässt Böses ahnen:
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