Die Befragung zog sich hin über mehr als zwei Tage. Der Zeuge mit dem mächtigen Bart erschien der angereisten Ermittlergruppe aus der Schweiz als «charismatische Person». Aber an einem Punkt «verlor» Mullah Krekar in Oslo «die Nerven vollends». So hat es die Leitende Staatsanwältin des Bundes, Maria Schnebli, gestern vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona geschildert.
Der 57-jährige Krekar, einst Chef der Terrorgruppe Ansar al-Islam, ist in ihren Augen Anführer einer kriminellen Organisation, in der zwei irakische Kurden aus Basel vor allem übers Internet mitwirkten. Das Bruderpaar steht diese Woche vor Gericht – der Islamistenführer ist nicht angeklagt. Zwar bedrohte er in einem «Zornesausbruch» die Schweiz, wie Schnebli publik machte. Doch die Bundesanwaltschaft sieht sich nicht für die Verfolgung zuständig, weil die Einvernahme rechtshilfeweise in Norwegen erfolgte. Dort ist Krekar wegen ähnlicher Drohungen bereits verurteilt.
In der neueren Videoaufnahme seiner Befragung ist laut Bundesanwaltschaft nun zu sehen, wie Krekar von einem Selbstmordattentat auf eine Schweizer Botschaft spricht, konkret in Teheran. Krekar erklärt wörtlich, dass die «zwei Jungen zu den Stammleuten» gehörten. «Wenn ihre Mutter zweimal weint», sagt der salafistische Islamist, könnte sich ein «Märtyer» deswegen in die Luft sprengen.
Mit den «zwei Jungen» meint der Mullah seine nun angeklagten Mitstreiter aus Basel. Die Brüder müssen sich seit gestern wegen der Beteiligung an einer kriminellen Organisation (eventuell Unterstützung) und Al-Qaida-Zugehörigkeit sowie einer ganzen Reihe weiterer Vorwürfe verantworten, die sie bestreiten. Gestern verweigerten der Sozialhilfebezüger und der Lagerist die Aussage zur Sache.
Ausführlich stellte sich der 35-jährige Beschuldigte als Behördenopfer dar. Der Schweizer Geheimdienst habe sich an ihm rächen wollen, weil er sich weigerte, Informant zu werden (TA von gestern). K. T. schilderte auch, dass seine Tochter psychische Probleme habe, seit die Polizei im Morgengrauen die Wohnung seiner Familie stürmte. Er selber könne infolge des Strafverfahrens keine Arbeit finden. Verwandte im Irak würde schikaniert, verschleppt, inhaftiert und gar gefoltert, weil die Schweizer Behörden mit den dortigen Geheimdiensten zusammenarbeiteten. Einer seiner Brüder sei verschwunden. Staatsanwältin Schnebli entgegnete, es gebe keine Hinweise auf eine solche Kooperation. Der erwähnte Bruder sei im Krieg in Syrien umgekommen. Die Beschuldigten sollen auch nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft ihren Jihad im Internet weitergeführt haben, weshalb die deutschen Behörden eine Strafuntersuchung führen.
Heute setzt die Bundesanwaltschaft ihr Plädoyer fort, dann folgt die Verteidigung. Die Urteilsverkündung ist auf Freitag angesetzt.
bernerzeitung
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