Muslimische Verbände und Moscheegemeinden tun zu wenig gegen
Antisemitismus in ihren Reihen. Dieser Ansicht ist der
Islamismus-Experte Ahmed Mansour (Berlin). Judenfeindlichkeit sei schon
seit Jahren in Teilen der muslimischen Jugend verbreitet. Islamische
Verbände und Gemeinden hätten „leider viel versäumt“, um dagegen
vorzugehen, sagte der palästinensische Israeli und Diplompsychologe in
einem Interview mit der Frankfurter Rundschau. In den vergangenen Wochen
war es wiederholt zu anti-israelischer Hetze und Ausschreitungen bei
Protesten gegen den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen
gekommen. Am 25. Juli zogen rund 1.200 Islamisten anlässlich des
Al-Quds-Tages durch Berlin. Er richtet sich gegen die israelische
Präsenz in Jerusalem. Die Demonstranten riefen unter anderem
„Kindermörder Israel“ und „Frauenmörder Israel“. Eine Gruppe von 20 bis
30 propalästinensischen Teilnehmern soll „Israel vergasen“ skandiert
haben, so der „Tagesspiegel“. Wie Mansour weiter sagte, können die
muslimischen Verbände das, was jetzt auf den Straßen passiere, nicht
mehr kontrollieren: „Viele Gemeinden merken ja seit langem, dass sie
ihre Jugendlichen nicht mehr erreichen.“ Wenn eine einseitige Sicht auf
den Nahostkonflikt gepflegt oder geduldet werde und wenn man sich nicht
kritisch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan
auseinandersetze, lege man die Basis, „aus der Ausbrüche wie jetzt
entstehen können“. Erdogan sei „antisemitisch“. Er habe zum Beispiel von
einer Verschwörung der Zionisten gesprochen. Mansour: „Bei
türkischstämmigen Jugendlichen hier merke ich immer wieder, dass sie
sehr anfällig sind für Verschwörungstheorien“, nach denen die Juden
angeblich die Welt beherrschten.
Islamische Verbandsvertreter verharmlosen das Problem
Der Islamismus-Experte hat nach eigenen Angaben in der Deutschen
Islamkonferenz immer wieder darauf hingewiesen, dass Antisemitismus
unter Jugendlichen ein großen Problem ist: „Darauf habe ich von
muslimischen Verbandsvertretern nur gehört, dass Studien anderes besagen
und dass es auch Antiislamismus bei Juden gibt.“ Laut Mansour
beschäftigt sich ein Drittel des Korans mit Juden und Judentum. Wenn man
die Stellen nicht sachkundig auslege, sondern wörtlich nehme, „kann man
schnell antisemitische Haltungen entwickeln“. Notwendig sei deshalb
auch eine außerschulische Projektarbeit, die den Antisemitismus offen
thematisiere: „Die muslimischen Verbände müssen dafür gewonnen werden
und auch andere, unabhängige muslimische Stimmen.“ Mansour bedauerte,
dass unter seinen jüdischen Freunden in Deutschland manche ernsthaft
über Auswanderung nachdenken und Angst hätten, auf die Straße zu gehen:
„Das darf nicht sein.“
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