2008 gründete Çileli den Verein „Peri“, der sich um Opfer von Gewalt und Zwangsheirat in Migrantenfamilien kümmert. 80 bis 100 Fälle betreut der Verein jährlich. Bundesweit gebe es laut einer Regierungsstudie 3500 Opfer von Zwangsverheiratung. 109 sogenannte Ehrenmorde innerhalb der Familie habe es von 1996 bis 2005 gegeben. Doch die Vortragende betonte: „Ich denke, es waren weitaus mehr.“ Die Ursprünge für die „völlige Enteignung und Rechtlosigkeit der Frau“ sieht die 49 Jahre alte Frauenrechtlerin, der 2005 das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde, in der Sexualmoral des Islam. Während die Männer ihre Sexualität autonom ausleben dürften, müsse die Frau keusch sein und ihrem Mann dienen.
Junge Frauen, die in der dritten oder vierten Migrantengeneration in Deutschland lebten, befänden sich im Zwiespalt zwischen traditionellen Rollenbildern zu Hause und den offenen Wertvorstellungen der Gesellschaft draußen. „Nicht selten sehen sie den Tod als einzigen Ausweg“, befand Çileli. Die Selbstmordrate unter jungen Türkinnen sei dreimal höher als unter Deutschen.
„Sie werden streng bewacht und können nicht frei wählen, was sie arbeiten und wen sie heiraten.“ Die Aufrechterhaltung der Familie und ihrer Ehre sei zentral. Dazu gehöre, dass Töchter als Jungfrau in die Ehe gehen müssten. Doch zum Teil würden sie in der Familie missbraucht. Es sei verbreitet, das sie ihre Jungfräulichkeit operativ wieder herstellen ließen. Auch dabei helfe ihr Verein. Andernfalls drohten Verstoß oder Tod, denn nur das stelle die Familienehre in diesem Weltbild wieder her.
Dem Gegenargument, der Islam rechtfertige keine Ehrenmorde, entgegnete die Referentin, dass dabei sehr wohl Elemente islamischer Traditionen einflößen. Sie fand bedenklich, dass der Einfluss von Moscheevereinen in den vergangenen Jahren größer geworden sei. Und dass man zunehmend Verschleierung sieht, während vor 25, 30 Jahren kaum Frauen Kopftuch getragen hätten. „Die Situation für die dritte und vierte Generation hat sich verschlechtert.“
Sie beklagte, dass es bundesweit nur fünf Kriseneinrichtungen gibt, die sich ihrer annehmen. Auch müsse mehr Präventionsarbeit an Schulen und mit den Eltern angeboten werden. Doch das Problem werde verdrängt – aus falsch verstandener Toleranz. Sie selbst werde deswegen zensiert. „Man will nicht, dass solche Themen an die Öffentlichkeit kommen.“
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