Wednesday, March 04, 2015

Deutsche Außenpolitik: Ostfront sucht Stalingrad

von Gerrit Liskow
Die gestrige Rede des israelischen Ministerpräsidenten in einer gemeinsamen Sitzung des Repräsentantenhauses und des Senats wirft die Frage nach dem Wesen, Werden und Wirken deutscher Außenpolitik auf, ohne sie auch nur mit einem Wort zu erwähnen.
Ich möchte vorausschicken, dass es zu weit ginge, dem deutschen Außenminister und seiner Behörde in wesentlichen Punkten ihres Handelns Intentionalität zu unterstellen. Denn das würde bedeuten, dass es an dieser deutschesten und wahnhaftesten aller „Polit“-Gattungen irgendetwas gäbe, das ihren Akteurinnen und Akteuren nicht freiwillig-unfreiwillig geschieht.
Drei Themen bestimmen die globale Sicherheitslage und an jedem von ihnen hat die deutsche Außenpolitik einen wenn nicht bestimmenden, so doch bedeutenden Anteil.
Zunächst zu nennen ist die deutsche „Europa“-Politik. Ihr Ergebnis: Millionen Menschen in der EU sind seit Jahren und auf lange Sicht um jede wirtschaftliche Perspektive gebracht. Vor allem im Süden der Euro-Zone stehen Volkswirtschaften vor dem Aus, eine Generation junger Menschen ist praktisch verloren und in der Euro-Peripherie breitet sich eine Armut aus, wie man sie seit dem Zweiten Weltkrieg und der Politik der verbrannten Erde im von Deutschland besetzten Teil Europas nicht mehr gesehen hat.
Das alles ist bekanntlich nichts anderes als das Ergebnis einer völlig egoistischen, völlig verfehlten deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik, die mit der Einheitswährung das Ross namens „Mehr Europa“ (also die paneuropäische Beamtendiktatur unter deutsch-französischer Führung) von hinten aufzuzäumen versucht, indem sie „politische“ Einigung als notwendig zwingende Folge „wirtschaftlicher“ Sachzwänge auszugeben versucht.
Nichts daran ist neu oder überraschend, sondern es wurde schon lange vor der Euro-Einführung davor gewarnt, dass es dereinst so kommen würde, wie es nun gekommen ist. Seit sieben Jahren tritt „Europa“ unter deutscher Führung wirtschaftlich mit Volldampf auf der Stelle und wird global zur Randnotiz. Millionen Menschen müssen seitdem für einen politischen Wahnsinn bezahlen, den die Eurokratie in Brüssel, Paris und Berlin ausgeheckt hat – ob sie das in dieser Form wahrhaben wollen, oder nicht.
Für alle, die nicht zu den unmittelbar Leidtragenden des gescheiterten Freilandversuchs namens „Europa“ gehören, ist der Status quo nicht nur frustrierend, sondern wird nach einer gewissen Zeit auch sterbenslangweilig; darin besteht die einmalige Chance für "noch mehr Europa".
Von daher kann ich jene öffentlich-rechtlichen und halboffiziellen Massenmedien nur zu gut verstehen, die statt von der Krise der EU und ihrer Euro-Zone lieber vom Vermischten berichten und sich ihre Themen eher aus dem Mustopf fischen würden, bevor sie sich und ihr Publikum mit der Erörterung scheinbar unlösbarer Probleme quälen.
Probleme, die zudem nicht gelöst werden sollen, weil eine ganze Kaste amtlicher Menschinnen und Menschen (a.k.a. „Politiker“) nicht von deren Lösung, sondern von deren Management lebt und überflüssig (arbeitslos!) würde, wenn diese Aufgaben gelöst würden.
Die Prognose: Erst, wenn Ihr das letzte Griechenland für deutsche Banken „gerettet“ habt, werdet Ihr feststellen, dass ihr „Europa“ erfolgreich zum Schlusslicht der globalen Wirtschaftsregionen administriert habt, liebe Eurokratinnen und Eurokraten, in ein Pjöngjang mit Öko-Strom und Pfefferminzgeschmack.
Das zweite Gebiet, auf dem die deutsche Ideologie samt ihrer praktischen Anwendung, der Außenpolitik, ruchbar wurde und wird, ist die Ukraine: Hier hat „Europa“ unter deutscher Führung (sowie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen) via „Euro-Maidan“ einer neo-faschistischen Clique in den Sattel geholfen um nun das deutsche Einflussgebiet in Europa ungefähr dem Verlauf der Ostfront im Oktober 1942 anzupassen; es ist nur das neue Stalingrad dieser EU-Ostfront leider noch nicht in Sicht.
Was in der Ukraine geschehen ist, ist nicht mehr und nicht weniger als die vollständigste und gefährlichste Destabilisierung der kontinentaleuropäischen Sicherheitsarchitektur seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs; das ist nicht gerade eine kleine Bestellung, aber selbstverständlich will es in Berlin auch diesmal wieder niemand gewesen sein.
Wer sich nicht denken konnte, dass eine militärische Konfrontation mit Russland das notwendige Ergebnis des EU-Säbelrasselns im Osten sein könnte, hat in der Außenpolitik seinen Job verfehlt. Wer dieses Ergebnis billigend in Kauf genommen hat, verzichtet auf jeden ethischen Anspruch in der Politik. Wer sich darüber hinwegsetzt, die Ukraine als neutralen Pufferstaat zwischen EU und Russland zu behandeln um das EU-Imperium ostwärts zu pimpen, spielt russisches Roulette und ist sich dessen wahrscheinlich nicht mal bewusst.
Aber die Krönung der Skandal-Triade der deutschen Außenpolitik bildet fraglos das Ergebnis der Atomverhandlungen mit Teheran. Hier ist es, ebenfalls unter maßgeblicher deutscher Beteiligung, der Fünf-plus-eins-Runde gelungen, einen faulen Kompromiss zu formulieren, der es dem Mullah-Regime leicht macht, auf quasi-legalem Weg zur Atommacht zu mutieren,  innerhalb sehr kurzer Zeit und wenn’s sein muss nach dem Vorbild Nord-Koreas.
Der Atom-Kompromiss strebt nichts weiter an, als eine effektive Befreiung des Mullah-Regimes von seinen Atom-Ambitionen so schwierig und teuer wie möglich zu machen. Nur dass diesen Preis eben nicht die lustige Fünf-plus-ein-Deutschland-Runde bezahlen müsste, die Teherans beste Interessen im Sinn zu haben scheint, sondern die unmittelbar Leidtragenden des Mullah-Regimes in der Region.
Und zu denen gehört eben nicht „nur“ das von den Vernichtungsabsichten des Mullah-Regimes wesentlich betroffene Israel, sondern auch eine ganze Reihe weiterer Staaten, die nun dank des neuerlichen 5-plus-1 Atom-Kompromisses zunehmend in die Zwickmühle zwischen Islamischem Staat und Islamischer Republik geraten – thank you, Germany!
Die Krönung der „politischen“ Idiotie namens Atom-Kompromiss aber besteht darin, dass genau wie beim epochal gescheiterten Freilandversuch namens Euro-Zone und der Osterweiterung der EU via Euro-Maidan das Ergebnis des eigenen Handelns als ein vermeintlich externer Sachzwang verkauft wird, der „mehr desgleichen“ erforderlich macht. Denn viel einträglicher als Probleme zu lösen ist es nun mal, Probleme zu managen; das weiß jeder Kfz-Mechaniker.
Dem deutschen Staatsfunk ist nichts anderes zuzutrauen, als dass er die 5-plus-1-Lüge zusammen mit der Schüssel frisst, aber auch die halbamtliche deutsche Journaille will es schon lange nicht mehr besser wissen – so ist das, wenn man den Kopf voller Sauerkraut hat und die Gedanken durch die Gulaschkanone schießt, liebe Qualitätsjournalisten.
Der völlige moralische Bankrott der deutschen Außenpolitik wäre für sie allerdings nur als solcher zu erkennen, wenn Moral für sie nicht nur eine instrumentelle, sondern auch eine inhärente inhaltliche Bedeutung hätte und sie ethisch satisfaktionsfähig wäre.
Genau das ist sie nicht, sondern sie ist das Produkt einer egoistischen, scheinbar auf Ausgleich erpichten, dabei aber völlig zynischen, nihilistischen globalen Mittelmacht, die sich mit frivolen pseudo-moralischen Relativierungen an die Spitze der globalen „politischen“ Deutungsmacht ficken will – als wiedergutgewordener Moralweltmeister, der weiß wie’s geht, aber auch anders kann.
Dazu ist der deutschen Außenpolitik jede Mittel recht, auch das Erfüllungsgehilfentum für einen der Hauptsponsoren des internationalen Terrorismus mit deutlich genozidaler Intention: die Mullah-Diktatur in Teheran und Germany, ein Herz und eine Seele - Atom-Kompromiss, mon amour.
 haolam

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