Wednesday, December 02, 2015

Trotz Antisemitismus- und Terrorvorwürfen: Bundeskabinett will türkische Regierungsislamisten zu Integrationslotsen für Flüchtlinge machen

Er würde sich wünschen, dass die islamischen Verbände hierzulande als »Brückenbauer« bei der Integration der ja zu 70 Prozent muslimischen Flüchtlinge agierten, erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière vor einigen Wochen auf der Islamkonferenz. Kritiker wie der palästinensische Psychologe Ahmad Mansour vom liberalen Muslimischen Forum Deutschland sprachen daraufhin von einem »Jahrhundertfehler«, den konservativen muslimischen Verbänden die Einbindung der Migranten in die Gesellschaft anzuvertrauen. Erstere würden »Werte vertreten, die eine Parallelgesellschaft unterstützen«, so Mansour.
Moniert wurde zudem, dass die Bundesregierung offenbar die Herkunft aus dem islamischen Kulturkreis als gleichbedeutend mit einem entsprechenden Bekenntnis der unter Umständen gar nicht religiösen oder nichtislamischen Glaubensgemeinschaften angehörenden Flüchtlinge gleichsetzt. Nicht nachvollziehbar ist zudem, warum eine angenommene Religionszugehörigkeit als das bei der Integration entscheidende Identitätsmerkmal angesehen wird und nicht etwa Kultur oder berufliche Fertigkeiten.
Der größte der von de Maizière als »Integrationslotsen« ausersehenen Verbände ist die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (DITIB) mit bis zu 900 angeschlossenen Moscheegemeinden. Der Dachverband, der etwa in Hessen maßgeblich den Islamkundeunterricht mitgestaltet, ist wiederholt wegen seiner Anbindung an die türkische Regierung, wegen Sympathien von Mitgliedern für »dschihadistische« Terrorgruppen und wegen antisemitischer Hetze in die Kritik geraten. Die dem staatlichen Religionsamt Diyanet in Ankara unterstehende DITIB wurde 1982 mit dem Ziel gegründet, die von den damaligen Putschgenerälen zur Staatsideologie ernannte »türkisch-islamischen Synthese« unter den »Auslandstürken« zu verankern und zugleich den Einfluss radikal-islamistischer Gruppierungen zurückzudrängen. Doch seit 13 Jahren stellt die Nachfolgerin solcher einst bekämpfter Gruppierungen in Form der religiös-nationalistisch ausgerichteten Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt (AKP) die Regierung in der Türkei. Seitdem wurde die DITIB zu einem gehorsamen Werkzeug des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dessen Kritiker berichten, dass DITIB-Imame als V-Leute des türkischen Geheimdienstes fungieren und Wahlwerbung für die AKP machen. So bedankte sich der AKP-Lobbyverband Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) mit einer Urkunde bei der DITIB für die »Unterstützung bei den Wahlen am 1. November«, wie die Tageszeitung Zaman berichtete.
 jungewelt

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