Ein vom studentischen Fachschaftsrat (FSR) initiierter „Offener Brief“ gegen die Entfernung Salzborns wurde von mehr als 120 Instituten und Organisationen sowie von 360 Persönlichkeiten, darunter einigen Dutzend Professoren aus dem In- und Ausland (USA, Großbritannien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Ungarn, Israel, Österreich, Portugal) unterschrieben; auch der Zentralrat der Juden in Deutschland und das Jüdische Forum in Berlin setzten sich für Salzborn ein. Nicht minder der Zuspruch für Salzborn innerhalb der Universität:
- Im Dezember 2015 fasste die sozialwissenschaftlichen Fakultät einstimmig den Beschluss, Salzborns Vertrag zu verlängern.
- Im selben Monat zeichnete der Stiftungsrat der Uni Göttingen Salzborn aufgrund seiner „besondere(n) universitären Aktivitäten und Leistungen (…) auf den Feldern Demokratie, Rechtsextremismus, Kritik am Antisemitismus und Rassismus sowie in der Aufarbeitung der Tätigkeit der Staatssicherheit in Niedersachsen“ mit einem mit 3.000 EUR dotierten Preis aus.
Gesprächsverweigerung und falsche Angaben
Anfangs verweigerte die Universitätsleitung jedwede Antwort; man nehme zu Personalangelegenheiten niemals Stellung, hieß es. Erst im Juni, als die Protestlawine anschwoll und den Ruf der Uni Göttingen zu gefährden drohte, reichte die Präsidentin eine Erklärung nach: Das Niedersächsische Hochschulgesetz (NHG) mache die Weiterbeschäftigung Salzborns „leider“ unmöglich.
Diese Aussage ist jedoch nachweislich falsch: So heißt es in Art. 26, Abs. 1 dieses Gesetzes, dass sehr wohl „ein Professor auf Zeit auf derselben Professur auf Dauer berufen werden“ kann. Falls eine Universität dies wünsche, könne „von einer (öffentlichen) Ausschreibung abgesehen werden“. Damit ist klar, dass die Universität aus der befristeten Professur Samuel Salzborns eine unbefristete machen könnte, wenn sie es denn wollte.
Inzwischen will das Uni-Präsidium zum einen die bisher von Salzborn betreute Zeitprofessur denn auch tatsächlich in eine Professur auf Dauer mit derselben Ausrichtung verwandeln. Zeitgleich hält sie jedoch an ihrem Adieu für Salzborn fest, weshalb eine öffentliche Neu-Ausschreibung erfolgen soll. Man will nach all den Protesten die Professur zwar in Göttingen erhalten, die Person Salzborn jedoch, die dieser Stelle überhaupt erst ihr Prestige verlieh, weiterhin loswerden.
Eigentlich versucht jede Universität, wenn sie eine Person halten will, Wege und Möglichkeiten zu finden, dies zu tun. Hier aber suchte Prof. Beisiegel nach Wegen und Möglichkeiten, um sich eines bestimmten Professors zu entledigen. Dabei scheute sie auch vor äußerst eigenwilligen Auslegungen des Hochschulrechts nicht zurück. Ihre vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) zitierte Aussage: „Jeder befristete Professor muss nun einmal gehen“ oder ihre Behauptung, dass man „Verträge wie diesen von Herrn Salzborn (…) absolut nicht verlängern kann“, sind nachweislich falsch.
Wir haben es bei dem Versuch, Salzborn loszuwerden, also mit einem doppelt gewagten Manöver zu tun: Es ist erstens ungewöhnlich, dass eine Universitätsleitung gegen einen einstimmig gefassten Beschluss der zuständigen Fakultät ihr Veto einlegt, und zweitens ist es bemerkenswert dass sie für die politische Durchsetzung dieses Vetos falsche Rechtsauskünfte erteilt. Mit ihrem juristischen Pseudo-Argument hat die Uni-Präsidentin die Frage nach dem Motiv ihres Vorgehens somit keineswegs entkräftet, sondern eher noch verstärkt. Hat die studentische Fachschaft also Recht, wenn sie in ihrem „Offenen Brief“ behauptet, dass für all ihre Anstrengungen, Salzborn loszuwerden, politische Erwägungen federführend sind?
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