Wednesday, August 31, 2016

Lippenbekenntnis

Im Oktober könnte Frank-Walter Steinmeier, der Außenministerdarsteller der Regierung in Berlin, seinen Kollegen Javad Zariv in der deutschen Hauptstadt begrüßen, den »Außenminister« des Regimes in Teheran. Gleichzeitig könnte der deutsche Vize-Kanzler Sigmar Gabriel im Oktober der Islamischen Republik einen erneuten Besuch abstatten, wie iranische Medien im Juni berichteten.
Gern bereisen auch Delegationen aus den deutschen Bundesländern die Theokratie, schon in der nächsten Woche werden wohl wieder Bilder einer landestypisch verkleideten Ilse Aigner die Runde machen – am Sonntag werden hochrangige Besucher aus Bayern in Teheran erwartet. Deutsche umgarnen Funktionäre des Regimes in Teheran, kooperieren im Namen der Kultur mit Antisemiten.
Und dennoch erklärt die Bundesregierung, »dass es normalisierte, vollumfängliche Beziehungen zu Iran nicht geben kann, solange Iran das Existenzrecht Israels nicht anerkennt«. So lautet jedenfalls die Antwort aus dem Bundeskanzlerinnenamt auf eine vor zwei Monaten mündlich geäußerte Frage des Bundestagsabgeordneten Volker Beck nach dem Stand der deutsch-iranischen Beziehungen.
In ihrem Schreiben betont die Regierung in Berlin zudem, sie sei »weiterhin sehr besorgt über die Lage der Menschenrechte in Iran«, »Hoffnungen auf eine Besserung der Lage unter der Regierung Rouhani« hätten sich »bislang nicht erfüllt«. So sei die hohe Zahl von Hinrichtungen in den Jahren 2015 und 2016 »besorgniserregend«. »Schwierig« sei auch »die Lage religiöser Minderheiten«.
Besonders verfolgt würden Bahai, »aber auch Juden, Christen und Zoroastrier müssen im Alltag immer wieder Diskriminierungen hinnehmen«. Mit der Todesstrafe müßten Homosexuelle rechnen, wenngleich es Berlin aber »aufgrund der Intransparenz des iranischen Justizsystems« unmöglich sei, verläßlich anzugeben, »wie viele Personen tatsächlich wegen Homosexualität verfolgt werden«.
Unerwähnt bleibt in dieser Antwort an den Abgeordneten der Fraktion der Partei Bündnis 90/Die Grünen, was die von Angela Merkel geführte Regierung von Berichten verschiedener – auch deutscher – Nachrichtendienste hält, nach denen die Islamische Republik »massiv« versucht, »in Deutschland Material für den Bau von Atomwaffen und Trägerraketen zu beschaffen«.
Und so bleibt das vermeintliche Bekenntnis zu Israel allenfalls ein Lippenbekenntnis, das auch darüber hinaus Zweifel daran weckt, ob die deutsche Regierung es tatsächlich ernst meint, wenn sie die Verhältnisse in der Islamischen Republik »besorgniserregend« nennt oder »schwierig«. Rege Reiseaktivitäten und vielschichtige Kontakte belegen eine allzu große Bereitschaft wegzuschauen.
 tw24

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