von Ramiro Fulano
In Berlin kam es während der dortigen Filmfestspiele zu einem Protest der Frauengruppe #120dB, in dem es darum ging, auf die deutliche Verschlechterung des allgemeinen Sicherheitsempfindens insbesondere junger Frauen in Deutschland hinzuweisen.
Die Aktivistinnen stürmten deshalb eine dieser für ein bestimmtes politisches Milieu seit Mitte der 80er Jahre typischen, wohlfeilen Podiumsdiskussionen, in denen alle derselben Meinung sind. Diesmal wollte sich die Filmbranche unter dem Hashtag „MeToo“ dafür bejammern, dass nicht alle Film-Produzenten aussehen wie Brad Pitt, Will Smith oder Matt Damon. Sondern dass man – vor allem aber „frau“ – sich in der Regel von Typen wie Harvey Weinstein begrabschen lassen muss, wenn man – oder eben „frau“ – in Hollywood etwas werden will.
Selbstverständlich ist diese Klage so alt, wie die Branche. Aber ob Jammern auf hohem Niveau viel daran ändert, weiß ich nicht. Denn es wird immer ambitionierte junge Damen und Herren geben, die billig und – was im Fall von Hollywood und dessen Berliner Abklatsch wohl der springende Punkt sein dürfte – willig genug sind, auch mit Personen intim zu werden, die ihnen ästhetisch fragwürdig erscheinen, sofern es dem beruflichen Fortkommen dient.
Nun gibt es Frauen, deren Horizont nicht an einem Rucola-Salat mit flambiertem Ziegenkäse und gerösteten Pinienkernen aus kontrolliert biologischem Anbau aufhört, sondern dort gerade erst beginnt. Und solche Frauen werden die Beobachtung gemacht haben, dass es auf dieser Welt nicht nur Leute mit Luxusproblemen gibt, sondern auch Menschen, die in sehr realen Gefährdungssituationen leben und sich Risiken ausgesetzt sehen, die völlig unberechenbar sind, weil sie von der Willkür einer eingeschworenen Macht-Clique abhängen (und damit meine ich nicht nur die Brüsseler Beamtendiktatur).
Von Frauen, die im Iran im Gefängnis landen, weil sie ohne Kopftuch auf die Straße gehen, oder Mädchen, die in Saudi-Arabien zu Tode gesteinigt werden, weil sie vergewaltigt wurden, war im Berliner MeToo Safe-Space selbstverständlich keine Rede. Und davon, dass die mühsam errungenen Freiheiten der westlichen Welt sich auch übrigen Orts in Wohlgefallen auflösen könnten, wenn die Zivilgesellschaft nicht auf sie achtgibt, erst recht nicht: Die Kölner Silvesternacht des Jahres 2016 hat es ja bekanntlich für deutsche „FeministInnen“ jederlei Geschlechts niemals nicht gegeben.
Und überhaupt: Was ist schon eine kleine Vergewaltigung, wenn man anschließend mit dem guten Gefühl nachhause gehen kann, etwas für Frieden und Völkerverständigung getan zu haben - nicht wahr, liebe MeToo-FeminstInnen? Wahrscheinlich kann man sich sowas sogar zum Tugendausweis zurechtfantasieren und damit dem Besuch imponieren, bei flambiertem Ziegenkäse mit gerösteten Pinienkernen aus kontrolliert biologischem Anbau, versteht sich. Es ist geht ja alles so appetitlich und politisch korrekt zu im linksalternativen deutschen Kleinbürgertum…
Aber wenn man nun meint, die #120dB-Aktivistinnen als Nazis bepöbeln und niederschreien zu müssen, weil sie die überwiegend realitätsfremden Annahmen der deutschen „Willkommenskultur“ in Frage stellen und im Gegensatz zum linksalternativen Milieu vielleicht nicht masochistisch genug sind, um sich sexueller Gewalt auszusetzen, wenn es der guten Sache dient (vor allem aber dem eigenen Image), dann wirft das die Frage auf, ob der Nazi-Eindruck nicht vielleicht doch im Auge des Betrachters liegt und der Anti-Faschismus von Links sich mal wieder als seine eigene Arbeitsbeschaffungsmaßnahme erwiesen hat.
Und wenn sich dann irgendeine semioffizielle Person jederlei Geschlechts vor die Interview-Kamera begibt und mit apodiktischer Inbrunst bekundet, bestimmte Fragen ließen sich in Germany nun mal „wegen der deutschen Vergangenheit“ nicht diskutieren, dann bekommt man unweigerlich den Eindruck, dass sich da eine Faschismus-Gewinnerin hinter ihrer zweckdienlich irregeleiteten „Vergangenheitsbewältigung“ versteckt, um Diskussionen platt zu machen und Personen zu verunglimpfen, die ihr aus subjektiven Gründen nicht in den politischen Kram passen.
Man kann das so versuchen. Aber man sollte dann im Interesse der eigenen Glaubwürdigkeit wenigstens nicht die „Lehren aus der deutschen Geschichte“ für sich reklamieren, wenn man diese „Lehren“ offensichtlich nur dazu missbrauchen möchte, um den eigenen Arsch zu retten. Vielleicht aber auch, um erneut in den Totalitarismus von Links aufzubrechen – ohne störende Zwischenrufe von Leuten, die anderer Meinung sind.
Um es noch einmal zu sagen: Ihr habt aus den beiden vorläufig letzten totalitären Episoden Germanys (dem nationalen und dem internationalen Sozialismus) nur das gelernt, was Euch politisch in den Kram passt, liebe Linke. Und selbst das offensichtlich mit der Absicht, bei nächster sich bietender Gelegenheit noch mal mit irgendeiner mörderischen Ideologie in die Kiste zu springen.
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Frau Dr. Alice Weidel, MdB, hat in ihrer Rede im Berliner Parlament Mitte der Woche einen politischen Ton getroffen, der in Brexit-Britannien recht gut ankam. Die Abgeordnete der AfD hatte darauf hingewiesen, dass es wirtschaftlich kaum Sinn macht, es sich aus ideologischen Gründen mit europäischen Partnern zu verscherzen, denen man auch dann noch für 56 Milliarden Euro im Jahr Industrieerzeugnisse verhökern möchte, wenn sie ihren Weg außerhalb der Brüsseler Beamtendiktatur selbst bestimmen.
Man vergleiche Dr. Weidels Auftritt im Bundestag mit dem des ehemaligen deutschen Botschafters in London, der vor seiner Bitte um Zurückversetzung in britischen Medien mehr oder weniger unverblümt zu verstehen gegeben hatte, dass er 17,4 Millionen Engländer, Waliser, Schotten und Nord-Iren für in der Vergangenheit zurückgebliebene Trottel hält, weil sie für Brexit gestimmt haben. Das war ungefähr so diplomatisch wie die Bombardierung von Buckingham Palace durch die Luftwaffe während des letzten Krieges.
Es mag aus Sicht von Dr. Peter Ammon unverständlich erscheinen, dass man als Staatsbürger der damals so genannten West-Alliierten auch in zweiter oder dritter Generation völlig zu Recht stolz darauf ist, nicht nur Europa, sondern die Welt vom Faschismus unter deutscher Führung befreit zu haben. Anderenfalls bliebe nur die Annahme, dass auch der ehemalige deutsche Geschäftsträger in London gerade genug aus der deutschen Vergangenheit gelernt haben könnte, um es noch einmal zu versuchen – diesmal vielleicht mit dem neuesten Vehikel altdeutscher Weltmacht-Ambitionen, der EU?
Das Auswärtige Sozi-Amt scheint mit der Auswahl seines diplomatischen Personals kein glückliches Händchen zu haben. Mal sehen, ob auch die Interims-Chargée d’Affaires, Tania Freiin von Uslar-Gleichen, die Dr. Ammon jüngst beerben durfte, als diplomatische Vergeltungswaffe dort weitermachen möchte, wo ihr Vorgänger in seiner Funktion als V1 zu seinem größten Bedauern leider aufhören musste.
- https://www.express.co.uk/news/uk/923075/brexit-news-andrew-neil-tweet-angela-merkel-german-ambassador
- https://www.express.co.uk/news/politics/911652/Brexit-news-negotiations-Germany-ambassador-Peter-Ammon-Theresa-May-transition
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Und zum Schluss noch etwas Lustiges, meine Damen und Herren: Justin Trudeau. Wie, Sie lachen schon? Sie wissen doch noch gar nicht, was er diesmal gemacht hat.
Der kanadische Ministerpräsident ist derzeit mit der Familie in Indien auf Tour – sowie mit einem ganzen Jumbo-Jet voller Fummel: Saris, Sarongs und Turbane. Wer die Fotos von seiner Reise gesehen hat, wird sich an Kostümfilme aus den 30ern, 40ern, 50ern und 60ern erinnert fühlen und sich fragen, ob Mr. Trudeau und die Seinen für drei Tage Indien mehr Kostümwechsel brauchen, als Liz Taylor für drei Monate Kleopatra.
Aber es stellt sich auch die Frage, wie die kanadische Kleopatra sich in etwaigen zukünftigen Ausstattungsfilmen ankleiden möchte: Werden wir Justin Trudeau bei einem Besuch in Bayern in Lederhose sehen? Bei einem Besuch in Malaga als feschen Flamenco-Tänzer? Wie wird das auf Papua-Neuguinea – wird er sich nur mit einer Bastmatte als Lendenschurz bedecken? Oder sich den Knochen eines Ahnen um die Nase binden, um eine Extraportion kulturelle Kompetenz zu beweisen – vor allem aber, was für er ein guter Mensch er doch ist?
Lieber Herr Trudeau: Offizielle Regierungsbesuche in ferne Länder, von denen wir sehr wenig wissen, sollen nicht nur den Reisenden dienen, sondern auch den Besuchten. Aber folkloristische Selbstinszenierungen anhand von mitgebrachten Trachten reduzieren einen ganzen Subkontinent auf eine Art Foto-Tapete für Familienschnappschüsse. Kulturelle Kompetenz, my foot. Aber anders lässt sich Indien oder Trudeau dem linksalternativen Kleinbürgertum anscheinend nicht schmackhaft machen.
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