Sunday, June 24, 2018

Nur Dumme haben Vorurteile? Ende eines linken Mythos

Eine der Lieblingsgeschichten der Linken, die sich für Intellektuelle halten, lautet wie folgt: Vorurteile finden sich vornehmlich bei Menschen mit geringen kognitiven Fähigkeiten und geringem sozialen Status, die in einer prekären Situation leben. Sie begegnen deshalb Menschen aus anderen sozialen Gruppen mit Vorurteilen und Ablehnung, mit Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Sexismus usw.
Der Kern dieser Erzählung lautet: Vorurteile haben nur Dumme. Vorurteile richten sich in dieser Erzählung vornehmlich gegen Gruppen, deren Mitglieder keine Möglichkeit haben, ihre Gruppenzugehörigkeit abzulegen (man ist entweder schwarz oder man ist es nicht). Und weil Vorurteile und Dummheit für Linke zueinander gehören, deshalb muss man „die Menschen“, wie es dann gewöhnlich heißt, erziehen. Deshalb haben sich Linke im Fettgürtel um diverse Ministerien angelagert, die nur zu gerne das Geld der dummen Steuerzahler ausgeben, um die dummen und vorurteilsvollen Steuerzahler (um-) zu erziehen und von Vorurteilen zu befreien.
So lautet die linke Erzählung.
Diese linke Erzählung wurde in einer Reihe von Studien bestätigt, die zeigten, dass Rassismus, Antisemitismus und Homophobie in mehr oder weniger geringem Ausmaß mit geringen kognitiven Fähigkeiten einhergehen, sich also bei eher Dummen eher finden lassen.
Solche Ergebnisse wurden als Beleg dafür genommen, dass Vorurteile und Dummheit zusammengehören.
Und damit sind diese Ergebnisse und die zugehörige Forschung ein Beispiel für ideologisch oder von Vorurteilen getragene Forschung, die die, die sie durchgeführt haben, zumindest als nicht sonderlich gescheit erscheinen lässt.
Denn: Sowohl die Lieblingserzählung der Linken als auch die zugehörige Forschung ist falsch.
Vorurteile haben mit Dummheit nichts zu tun.
Vorurteile finden sich nicht nur bei Menschen mit geringer kognitiver Kompetenz, sie finden sich auch bei Menschen mit hoher kognitiver Kompetenz. Die Vorurteile als „negative Bewertung eines Menschen aufgrund seiner Gruppenzugehörigkeit“, sie sind die selben, nur die Ziele der Vorurteile, die Gruppen, gegen die sie sich richten, sind andere.
Dieses Ergebnis steht am Ende einer Untersuchung von Mark J. Brandt und Jarret T. Crawford, die in der Zeitschrift „Social Psychology and Personality Science“ veröffentlicht wurde. Brandt und Crawford haben sich zunächst einmal von der politisch-korrekten Konvention gelöst, Vorurteile nur im Hinblick auf Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und wie die Modethemen der Mode-Wissenschaft alle lauten, zu untersuchen. Wer seine Forschung gleich auf das einschränkt, was er zeigen will, der wird kaum etwas anderes finden als das, was er sucht. Quasi im Nebensatz attestieren Brandt und Crawford den meisten Forschern, die sich mit den Modethemen von Rassismus, Sexismus usw. beschäftigen, einen Bias, ein Vorurteil, das dazu geführt hat, dass sich in der Forschung lange Jahre ein Irrtum halten konnte:
„These findings suggest that the consensus in the literature that cognitive ability is associated with prejudice (…) is a consequence of previous research primarily examining prejudice towards more liberal and pro-choice groups and not conservative and high-choice groups” (Brandt & Crawford 2016: 888).
Mit anderen Worten, wer nur nach bestimmten Vorurteilen und nur bei Personen mit geringer kognitiver Fähigkeit sucht, der findet auch nur bestimmte Vorurteile bei bestimmten Personen und übersieht „the bigger picture“. Und das „bigger picture“ lautet: Vorurteile sind unabhängig von kognitiven Fähigkeiten.
Brandt und Crawford haben diese Unabhängigkeit auf Basis eines großen Samples mit 5.914 US-amerikanischen Befragten gezeigt. Die Befragten wurden gebeten, für insgesamt 24 Gruppen anzugeben, ob sie sie positiv oder negativ bewerten. Die kognitiven Fähigkeiten der Befragten wurden über den sogenannten Wordsum-Test, für den sich hier ein recht gutes Beispiel findet, erhoben. Ob mit dem Wordsum-Text „Intelligenz“ gemessen wird, ist eine andere Frage, was damit in jedem Fall gemessen wird, ist die Zeit, die ein Befragter im institutionellen Bildungssystem verbracht hat, denn ein Akademiker sollte den Wordsum-Test besser absolvieren als jemand, in dessen Beruf Sprache nicht den Stellenwert hat, den sie für Akademiker haben sollte.
Die wichtigsten Ergebnisse, die Brandt und Crawford mit ihrer Untersuchungsanlage erzielt haben, lauten:
Vorurteile sind unabhängig von kognitiven Fähigkeiten, d.h. hier im Wesentlichen von der Zeit, die jemand im Bildungssystem zugebracht hat. Personen, die auf dem Wordsum-Test besser abschneiden als andere, deren Vorurteile sind einfach auf andere Gruppen gerichtet. Die folgende Abbildung aus dem Text von Brandt und Crawford zeigt, dass sich mit zunehmender Fähigkeit, den Wordsum-Test zu absolvieren, einfach die Ziele der Vorurteile ändern, sie wandern von Atheisten, Schwulen, Schwarzen und Muslimen über Feministen, Gewerkschaftler und Arme zu Reichen, Konservativen, dem Militär, Christen und Großkonzernen.
Lässt man diese Ergebnisse auf sich wirken, dann sieht man etwas klarer, worum es im täglichen medialen Kampf wirklich geht, darum durchzusetzen, wessen Vorurteile nun die legitimen Vorurteile sind. Richten sich korrekte Vorurteile gegen Schwarze oder gegen Weiße, gegen Unternehmer oder gegen Hartz-IV-Empfänger, gegen Christen oder gegen Muslime, gegen Konservative oder gegen Homosexuelle? In der gesellschaftlichen Arena der Medien streiten die jeweiligen Vorurteilsvertreter um die Vorherrschaft, wobei derzeit die Karten eindeutig verteilt sind, denn die von Journalisten und vom politischen Mainstream für korrekt gehaltenen Vorurteile richten sich gegen Unternehmen und Konservative und das Militär, die für falsch gehaltenen Vorurteile haben Homosexuelle und Schwarze oder Asiaten oder illegale Immigranten zum Ziel.
Es geht also darum, die eigene Erzählung und damit die eigenen Vorurteile als legitim durchzusetzen und die Vorurteile der anderen als illegitim darzustellen. Letzteres hat zudem und in seiner Verbindung damit, dass behauptet wird, wer z.B. Schwule nicht mag, müsse dumm sein, den Vorteil, dass man sich als Retter vor Vorurteilen anderer aufspielen und von Steuerzahlern durchfüttern lassen kann, wenn man behauptet, man würde die Welt von Vorurteilen befreien, freilich um den Preis, die eigenen Vorurteile zu etablieren und zu legitimieren.
Brandt, Mark J. & Crawford, Jarret T. (2016). Answering Unresolved Questions About the Relationship Between Cognitive Ability and Prejudice. Social Psychological and Personality Science 7(8): 884-892.
https://sciencefiles.org/2018/06/24/nur-dumme-haben-vorurteile-ende-eines-linken-mythos/

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