Wednesday, August 29, 2018

„Die Unfähigkeit zu trauern“ 2.0

Das Schlagwort von der „Unfähigkeit zu trauern“ mag abgegriffen sein. Aber diese Unfähigkeit zu trauern, begegnet uns in aktueller Form – zumindest öffentlich – seit einigen Jahren alltäglich wieder. Die Zahl der „Fälle“ von Vergewaltigungen, Messermorden und Attentaten, begangen von „Asylbewerbern“, „Migranten“, „Schutzsuchenden“, „Flüchtlingen“ ist unüberschaubar geworden. Man will es offiziell gar nicht mehr so genau wissen. Was tut das „öffentliche“ Deutschland stattdessen? Es wirft „Wutbürgern“ eine Instrumentalisierung der Opfer vor, lenkt selbst ab, indem es hirnlose, auch kriminelle Aktionen „Rechter“ instrumentalisiert, um ein ritualisiertes „Nie wieder!“ abzusetzen und den Mythos „Willkommenskultur“ zu pflegen. Um die Opfer – mögen sie Maria, Anna, Mia, Daniel S. oder wie zuletzt Daniel H. heißen – geht es nie. Von den Hunderten von Opfern sexueller Belästigung auf der Kölner Domplatte ganz zu schweigen. Ein volles Jahr brauchte eine Kanzlerin Merkel, um auf die Angehörigen der zwölf getöteten bzw. der vielen für ein Leben lang gezeichneten Opfer des Anschlages am Berliner Breitscheidplatz vom 19. Dezember 2016 zuzugehen. Und auch dazu bedurfte es erst eines Briefes der Angehörigen und des Drucks der Medien. Lichterketten gab es in all diesen Fällen von „Tötungsdelikten“ nie. Die Leitmedien machen dieses Vertuschen mit: „Hat nur regionale Bedeutung“, „Einzelfälle“ heißt es dann. Nein, die Unfähigkeit, ja der dezidierte Unwille, um all diese Opfer zu trauern, wenigstens einen Moment innezuhalten vor erneuten generalisierten Pawlowschen Verbalreflexen und schlauen rhetorischen Rundumschlägen, ist nicht nur traurig, sondern zynisch. 
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/die-unfaehigkeit-zu-trauern-2-0/

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