Thursday, September 20, 2012

Kunstfreiheit gilt auch für schlechte Filme: Stellungnahme der Giordano-Bruno-Stiftung zum geplanten Verbot des umstrittenen Mohammed-Films

Der Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung hat sich gegen das von Politikern geplante Verbot des umstrittenen Mohammed-Films ausgesprochen, der in der islamischen Welt zu gewaltsamen Protesten geführt hat. „Es wäre ein fatales Zeichen, würde die westliche Welt aus Rücksicht auf die verletzten Gefühle religiöser Fundamentalisten ihre eigenen Wertmaßstäbe verraten!“, erklärte Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon am Stiftungssitz in Oberwesel. „Die Kunstfreiheit gilt selbstverständlich auch für schlechte Filme. Jede Konzession gegenüber religiösen Fundamentalisten würde sie dazu ermutigen, kritische Auseinandersetzungen mit dem Islam künftig noch brutaler zu verhindern. Eine offene Gesellschaft sollte solchen Bestrebungen in aller Entschiedenheit entgegentreten.“

In vielen Fällen, so Schmidt-Salomon, sei der Protest der Gläubigen ein deutlicher Hinweis darauf, dass es den beteiligten Künstlern gelungen ist, den wunden Punkt einer Ideologie in überzeugender Weise herauszuarbeiten. Der gbs-Vorstandssprecher verwies dabei unter anderem auf das Theaterstück „Das Liebeskonzil“ von Oskar Panizza, das Gemälde „Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind vor drei Zeugen“ von Max Ernst, den Film „Das Leben des Brian“ von Monty Python sowie den Roman „Die satanischen Verse“ von Salman Rushdie. Auch die sogenannten „Mohammed-Karikaturen“, gegen die sich 2006 in der islamischen Welt ein blutiger Sturm der Entrüstung erhob, seien in dieser Hinsicht „durchaus künstlerisch wertvoll“ gewesen. Auf den umstrittenen Film „Die Unschuld der Muslime“ treffe dies jedoch nicht zu: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand, der den knapp vierzehnminütigen Trailer des Films gesehen hat, sich der Tortur einer vollständigen Aufführung aussetzen möchte. Der Film ist offensichtlich von einer geradezu unterirdischen Qualität. Allerdings ist dies beileibe kein Grund, seine Aufführung zu verbieten. Schließlich kann es nicht von ästhetischen Kriterien und schon gar nicht vom Einverständnis religiöser Fanatiker abhängig gemacht werden, ob ein Film in Deutschland gezeigt werden darf oder nicht!“
Mit klaren Worten wandte sich Schmidt-Salomon auch gegen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der am Wochenende angekündigt hatte, mit „allen rechtlich zulässigen Mitteln“ gegen die Aufführung des Films vorzugehen: „Wenn Minister Friedrich in seiner Begründung abschätzig von einer ganzen ‚Serie von Geschmacklosigkeiten und Missachtungen von religiösen Gefühlen‘ spricht, in die sich der Mohammed-Film bloß einreihe, wird deutlich, dass er am liebsten nicht nur die Aufführung dieses Films verbieten würde, sondern einen Großteil der religionskritischen Auseinandersetzungen unserer Tage. Wer so einseitig wie er ‚Respekt für die religiösen Gefühle von Menschen‘ einklagt, beweist damit vor allem eines: mangelnden Respekt für die produktive Streitkultur der Aufklärung. Minister Friedrich ist sich offensichtlich nur unzureichend der Tatsache bewusst, dass der moderne Rechtsstaat nur dadurch möglich wurde, dass sich die Aufklärungsbewegung über verletzbare religiöse Gefühle und die damit verbundenen Denkverbote hinwegsetzte. Wären die Demokratieverfechter früherer Zeiten angesichts der massiven religiösen Proteste, mit denen sie zu kämpfen hatten, so schmählich eingebrochen wie der Bundesinnenminister, würden in Europa womöglich noch heute die Scheiterhaufen brennen.“
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