Friday, November 16, 2012

Wer darauf reinfällt, hat es nicht besser verdient: Mursis doppeltes Spiel

In einem wenig überraschenden “politischen” Manöver hat die Republik Ägypten inzwischen ihren Botschafter aus Israel abberufen. Diese Eskalation der Situation mit diplomatischen Mitteln scheint indes mehr dem Druck der arabischen und ägyptischen Öffentlichkeit als dem Zustand der bilateralen Beziehungen geschuldet, denn über letztere musste man sich auch vor der Abberufung des Botschafters keine besonderen Illusionen machen.
Und was die islamistische Heimatfront in Kairo und Umgebung angeht, hatte die Mursi-Regierung stets eine Doppelstrategie verfolgt, um die “Israel-kritischen” Bedürfnisse der Massen mit dem anhaltenden Bezug von US-amerikanischen Steuermilliarden in Einklang zu bringen.
Man sieht jetzt, was die von der Mursi-Regierung vorgebrachten diplomatischen “Nettigkeiten” wert waren: fünf Milliarden Dollar “Wirtschaftshilfe” pro Jahr. Aber auch in Israel soll es Leute gegeben haben, die von so viel ägyptischem Charme ganz gerührt waren.
Die Glaubhaftigkeit seiner diplomatischen Inszenierungen ist seit dem Amtsantritt Mursi bedeutend geringer geworden. Seiner Regierung fällt die Balance zwischen den “politischen” Bedürfnissen des ägyptischen Mainstreams und dem Anspruch, gegenüber dem Westen irgendeine nützliche, geldwerte Rolle zu spielen, zunehmend schwieriger.
Die internationalen politischen Möglichkeiten Mursis haben sich in der Folge wenn nicht verringert, so doch in eine immer deutlichere, anti-israelische Richtung bewegt; das ist die wesentliche Frucht jenes “arabischen Frühlings”, der beim selbständig denkenden Teil der Menschheit stets im Verdacht stand, in einen strengen, islamistischen Winter zu münden.
Es sollte von daher keine besondere Überraschung bedeuten, wenn Herr Mursi in seiner staatstragenden Funktion am Telefon mit Mr Obama aus Washington gut Wetter zu machen versucht und gelobt, alles, was in seiner Macht steht (und das dürfte einiges, aber doch nicht allzuviel sein) zur Entspannung der Lage beizutragen.
Und zwar, während sein Adlatus, Außenminister Kemal Amr, in seiner Funktion als Mann fürs Grobe, die “Israel-kritische” Heimatfront im arabischen In- und Ausland mit kruden Anschuldigungen und Drohungen hinter sich zu bringen versucht um einen Führungsanspruch in der arabischen Welt zu legitimieren; immerhin ist es das, wofür seine Islamisten-Partei gewählt wurde.
Getreu seinem “demokratischen” Auftrag träufelte Herr Amr seinem Counterpart Hillary Clinton in einem langen Telefonat jede Menge Gift ins Ohr über eine angebliche “israelische Aggression”, die sofort, vor allem aber einseitig, gestoppt werden müsse; bei Mrs Clinton kann man manchmal nicht genau wissen, ob derlei vielleicht nicht doch auf fruchtbaren Boden fällt.
All das, während Mrs Clintons direkter Vogesetzter sich von Herrn Amrs direktem Vorgesetzten (auf der anderen Leitung) davon überzeugen lassen konnte, dass Ägypten an einer Deeskalation der Lage interessiert sei; Israel anerkennt und am Camp-David-Vertrag festhält (für 5 Milliarden Dollar pro Jahr, versteht sich).
Man geht im eigenen Interesse besser davon aus, dass Mr Obama alles, was Herr Mursi ihm zu sagen hat, für bare Münze nimmt.
Fakt ist nämlich, dass die Republik Ägypten durch den Abzug ihres Botschafters in Israel nicht nur eine Krise in den bilateralen Beziehungen forciert hat, sondern zudem den Übergang in Raffah geöffnet hat, um die Nachschublieferungen an die Hamas-Terroristen im Gaza-Streifen zu vereinfachen. Abgesehen davon verlangt Ägypten einen einseitigen Waffenstillstand von Israel - damit die Hamas zivile “Ziele” in Israel ungehindert beschießen kann? - und zeigt sich an einer UN-Resolution überaus interessiert, in der Israel wie üblich verdammt wird, und die sie ohne Zweifel bekommen wird (zusammen mit der UN-Mitgliedschaft der Pawomöglich).
Das scheint genau jene “Anerkennung” des jüdischen Staates zu sein, für die nicht nur die Herren Mursi und Amr in Amt und Würden gewählt worden sind, sondern das scheint zudem auch sehr gut vereinbar zu sein mit dem, was Mrs Clinton und Mr Obama unter “unbedingter Solidarität” verstehen; immerhin drückten beide in wiederholten Erklärungen die Hoffnung aus, der ägyptische Einfluss in der Region würde sich “mäßigend” auswirken.
Ägypten betreibt ein doppeltes Spiel, und in der US-Außenpolitik bildet man sich eventuell zu viel darauf ein, bei diesem Spiel mit von der Partie sein zu dürfen; aber vielleicht ist das Geschehen auch einfach bloß zu offensichtlich um es “richtig” zu verstehen.

UPDATE

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