Thursday, May 23, 2013

Kennzeichnung von Siedlungsprodukten: Protest gegen Grünen-Forderung

BERLIN (inn) – Die israelische Botschaft in Berlin hat eine Forderung der Partei Bündnis 90/Die Grünen verurteilt, nach der importierte Produkte aus Siedlungen als solche gekennzeichnet werden sollen. Solch eine Regelung führe zum Boykott israelischer Produkte. Die Grünen hatten am 26. April eine entsprechende Anfrage an die Bundesregierung gestellt.

Die Botschaft bezeichnete die Anfrage als „einen weiteren Versuch, Israel negativ auszusondern“ und das Land wirtschaftlich zu boykottieren, zitiert die israelische Tageszeitung „Jerusalem Post“ aus einer entsprechenden Stellungnahme. Außerdem sei es „höchst unglücklich“, dass die Grünen sich auf ein Thema fokussierten, das sich erst durch eine Einigung zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) wirklich lösen lasse. Die Grünen sollten sich stattdessen dafür einsetzen, die Palästinenser wieder zu vorurteilsfreien Verhandlungen mit Israel zu bewegen.
Die sogenannte „Kleine Anfrage“ vom 26. April begründen Vertreter der Partei, unter anderem die Abgeordneten Kerstin Müller und Marieluise Beck, damit, dass Verbraucher über die Herkunft von Produkten informiert sein müssten. Es gehe bei der Anfrage nicht um „einen Boykott israelischer oder gar jüdischer Produkte“, zitiert die Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ das Schreiben der Partei. Die Regelung solle zu einer „informierten Kaufentscheidung“ der Verbraucher führen.

Orientierung am Verbraucherschutzgesetz

Von Seiten des deutschen Außenministeriums hieß es, dass die EU in Übereinstimmung mit dem Verbraucherschutzgesetz an gemeinsamen Richtlinien zur korrekten Kennzeichnung von Produkten arbeite. Das solle nicht zu einer Diskussion über Boykotts führen. Die israelische Botschaft gab an, Exporte des jüdischen Staates in die EU richteten sich nach Regelungen zwischen Israel und der Europäischen Union. Dazu gehörten auch Übereinkünfte über den Import von Siedlungsprodukten, die zum Beispiel in einer Vereinbarung von 2005 festgehalten worden seien. Diese Vereinbarung sei bis jetzt in Kraft.
Gerald Steinberg, Leiter der Jerusalemer Nichtregierungsorganisation „Monitor“, sagte, diese „allzu einfache und unmoralische“ Unterstützung für die Palästinenser und die Absicht, Israel zu schädigen, stehe im Gegensatz zum Schweigen der Grünen zur Gewalt in Syrien. „Statt einer konstruktiven, friedensbildenden Unterstützung betreiben die Grünen und ihre Verbündeten eine destruktive Politik, die den Konflikt nur verstärkt“, sagte Steinberg. Boykott in jeglicher Form fördere die „Durban-Strategie“, welche den Begriff „Apartheid“ verzerre und ihn als Waffe gegen jüdische Selbstbestimmung benutze. Im Rahmen der „Weltkonferenz gegen Rassismus“ im südafrikanischen Durban im Jahr 2001 war Israel von arabischen Staaten als „Apartheid“ bezeichnet worden.

Verborgene Absichten

Anstatt diese Strategie zu unterstützen, sollten deutsche Politiker den zynischen Gebrauch der Begriffe „Frieden“ und „Menschenrechte“ stoppen, sagte Deidre Berger, Chefin des Berliner Büros des amerikanisch-jüdischen Komitees. Siedlungsprodukte unter dem Vorwand des Verbraucherschutzes zu kennzeichnen sei Heuchelei. Solche Kennzeichnungen trügen nicht zum Schutz und zum Wohl der Gesundheit europäischer Verbraucher bei, sagte sie nach Angaben der „Jerusalem Post“. Das Ziel sei es stattdessen, die Israelis für die Situation in den palästinensischen Gebieten zu bestrafen. In der deutschen Politik gebe es einen verstärkten Konsens darüber, dass eine Kennzeichnung israelischer Produkte eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen unterstützt. Die einzige Möglichkeit, einer Zwei-Staaten-Lösung näher zu kommen, sei eine Verhandlung ohne Vorurteile“, sagte Berger.
Philipp Mißfelder, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, ist ebenfalls gegen eine Kennzeichnung von Produkten aus Siedlungsgebieten. „Solange es keinen eigenen Staat Palästina gibt, kann es auch keine eigene Herkunftsbezeichnung geben“, sagte er gegenüber der „Jüdischen Allgemeinen“. Der FDP-Abgeordnete Martin Lindner erklärte, die EU sehe keine allgemeine Kennzeichnungspflicht für Einfuhren in ihre Mitgliedsstaaten vor. Deshalb sei eine Änderung nicht erforderlich. Der Ex-SPD-Abgeordnete und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe, zeigte sich erstaunt, dass ausgerechnet Beck und Müller die Anfrage initiierten. Einerseits bezeichneten sie sich als „Freundinnen Israels“. Andererseits „identifizieren sich Beck und Müller mit einer Reihe von Fragen, deren Antworten offensichtlich dazu verwandt werden sollen, Israel in der augenblicklich bedrohlichen Situation im Nahen Osten pauschal an den Pranger zu stellen“, sagte Robbe.
INN

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