Thursday, May 21, 2009

Wie der Blinde über die Farbe spricht: Türken loben Grundgesetz und wollen es zugleich abschaffen

Individualschutz ade: Dafür ein ausdrücklicher Schutz von Muslimen im Sinne eines Gruppenrechts. Das ist das Rechtverständnis von Nazis. Freiheit des Wortes und des Bildes passè
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sprach am Donnerstag in einem ddp-Interview von einer "großen Erfolgsgeschichte" des Grundgesetzes. Allerdings gebe es in einigen Punkten "Reformbedarf".
Der Vorsitzende des Islamrates für die Bundesrepublik, Ali Kizilkaya, nannte das Grundgesetz ein "hervorragendes Werk". Darin könnten sich auch die Muslime in Deutschland wiederfinden. Es gebe jedoch Defizite "in der Praxis".
Kolat bekräftigte die Forderung nach einem kommunalen Wahlrecht für Ausländer. Kolat verwies zudem auf das Diskriminierungsverbot. Über den gegenwärtigen Individualschutz hinaus müsse es einen ausdrücklichen Schutz von Minderheiten im Sinne eines Gruppenrechts geben. Demzufolge habe der Staat die kulturelle Identität und Entfaltung einer ethnischen oder religiösen Minderheit zu schützen und zu fördern.
Kolat betonte: "Deutschland ist ein Einwanderungsland" und "Um aber auf Dauer ein friedliches Zusammenleben zu sichern, das auf gegenseitigem Respekt beruht, ist es ebenso notwendig, dass die Türken in ihrer Identität und vor Assimilationsdruck geschützt werden."
Die Muslime würden in Deutschland immer noch benachteiligt. Ein Beispiel sei die Religionsausübung. Es sei eine "Ungleichbehandlung", wenn muslimische Lehrerinnen im Unterricht kein Kopftuch tragen dürften, es aber Ausnahmen für andere Religionen gebe.
Der Vorsitzende des Islamrats äußerte die Hoffnung, dass der künftige Bundespräsident stärker als bisher auf die Muslime zugeht. Kolat hält die Wahl eines türkischstämmigen Bundespräsidenten grundsätzlich für denkbar. Allerdings werde es wohl noch "sehr lange dauern", bis dies geschehe. Zunächst sollte es darum gehen, "den ersten türkischstämmigen Minister oder Staatssekretär zu bekommen". Dies könne bereits nach der Bundestagswahl im September geschehen.
(ddp/JWD)

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