Tuesday, March 20, 2018

Willkommen in Verdunkelungsdeutschland

Manche Bürger ziehen es jedoch vor, sich über das Kriminalitätsgeschehen in ihrem Beritt lieber auf den Websites der Polizei schlau zu machen anstatt durch wahrhaftigkeitsgebotene Pressprodukte. Polizeiseiten bilden die Vorkommnisse meist ziemlich fair ab. Besitzt ein mutmaßlicher Täter die deutsche Staatsangehörigkeit, so wird er auf den Polizeiseiten korrekt als Deutscher bezeichnet.
Ein etwaiger Migrationshintergrund wird nicht erwähnt. So, wie andere Verdächtige eben als Polen, Serben, Russen, Mazedonier, Albaner, Türken, Syrer, Marokkaner, Nigerianer, Chilenen oder Afghanen benannt werden. Bei angeblich jugendlichen Tatverdächtigen wird häufig auf die Herkunft verzichtet, aus welchem Grund auch immer. Ansonsten gibt sich auf dem Hamburger Portal die halbe bunte Welt ein Stelldichein.Allerdings sind Nationen wie Spanien, Portugal, Frankreich, Italien, Griechenland, Vietnam, Indien, China, Thailand, Korea, Großbritannien oder Dänemark deutlich unterrepräsentiert. Japaner scheinen in Polizeimeldungen so gut wie nie als Verdächtige auf. Obschon nicht wenige als Touristen unterwegs sind und wenigstens einige von ihnen auch mal was ausfressen müssten. Fast eine Diskriminierung, das. 
Ein anderer Grund für Bürger, gleich aus der originären Informationsquelle zu schöpfen, sind polizeiliche Fahndungsaufrufe. Blätter wie die „Hamburger Morgenpost“ brachten es schon fertig, Aufrufe derart zu frisieren, dass für Zeugen die womöglich entscheidende Angabe fehlte, der oder die Täter hätten ein „südländisches beziehungsweise nordafrikanisches Aussehen“. Hier grenzt Gutmenschelei an Strafvereitelung. Und das bei vielgelesenen Inhalten, welche die notleidenden Gazetten von der Polizei gratis frei Haus kriegen. Soweit zum Thema Lückenpresse.
Weil dem Presserat die offene Informationspolitik der Polizei nicht schmeckt, nahm er jüngst Anlauf, die Ordnungsmacht an die Kandare zu legen. „Früher hatte die Polizei-Pressestelle die Rolle eines Zulieferers für die klassischen Medien, und die Medien haben, in eigener Verantwortung, nach eigenen Kriterien die Auswahl der von den Behörden zur Verfügung gestellten Informationen getroffen“, erklärte Presserat-Sprecher Manfred Protze in schöner Offenheit.
Mittlerweile aber sei die Polizei selber medial sehr rührig, twittere viel und fungiere auf sozialen Plattformen als Ansprechpartner. Sie sei daher in Konkurrenz zu den Medien getreten. Es herrsche quasi ein „objektives Wettbewerbsverhältnis“.Wettbewerb findet der Medienaufseher anscheinend nicht so gut. Weil, wenn die Bürger von der Polizei mehr Informationen als von den Medien erhielten, erodiere ihr Vertrauen in die Presse. Protze: „Es gibt Gruppen, die daraus den Schluss ziehen, diese Praxis der Auswahl von Detailinformationen widerspreche dem Wahrhaftigkeitsgebot nach Ziffer 1 des Kodex. Polemisch wird das auch gelegentlich als ‚Lügenpresse‘ zusammengefasst.“
Wie aber könnte man es schaffen, auch der Polizei jenen Maulkorb umzuhängen, den sich die meisten Mainstreammedien längst verpasst haben? Mittels der Politik, natürlich. „Die Innenminister“, so Protze, „müssen die Frage beantworten, ob die Polizei eine eigene ethische Verantwortung im Umgang mit solchen Informationen sieht und wie sie das praktisch handelt.“
http://www.achgut.com/artikel/willkommen_in_verdunkelungsdeutschland

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