Kanzleramtsminister Altmaier hat es en passant ausgeplaudert:
unsere emanzipatorischen Errungenschaften gelten nicht mehr, sondern
nur noch das, was nach Verhandlungen mit Migranten „am runden Tisch“
übrigbleibt. Nach seinem launigen Beispiel soll es mir als Frau zwar
zukünftig noch erlaubt sein, meine Fingernägel zu lackieren, aber in der
Öffentlichkeit hätte ich Kopftuch zu tragen.
Nein, so deutlich hat er das nicht gesagt, aber genau das steckt in
den verklausulierten Textbausteinen, die Altmaier am Dienstagabend auf
Einladung des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW und des Berliner
Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung von sich
gegeben hat. Für aufmerksame Beobachter sind die Sätze allerdings nicht
überraschend. Sinngemäß steht das im, „Impulspapier der Migrant*innen- Organisationen zur Teilhabe an der Einwanderungsgesellschaft“,
das im November letzten Jahres anlässlich eines Gipfels mit
„Migrant*innen-Organisationen im Kanzleramt im Beisein von Kanzlerin
Merkel vorgestellt wurde. Die Forderungen in diesem Papier laufen auf
eine Abschaffung der alten Bundesrepublik hinaus.
Von Integration ist in diesem Papier nicht mehr die Rede, nur noch
von „interkultureller Öffnung“ der Gesellschaft und ihrer Organisationen
und Institutionen. „So wird Teilhabe von Individuen,
Bevölkerungsgruppen und Organisationen an Entscheidungs- und
Willensbildungsprozessen strukturell verankert als Teilhabe am Haben und
am Sagen. Vielfältige interkulturelle Perspektiven werden von
vornherein stärker einbezogen. Dadurch können Zugangsbarrieren für
Menschen mit Einwanderungsgeschichte abgebaut und Dienstleistungen
diskriminierungsfrei, kultursensibel und effektiver angeboten werden.“
So würden „Verteilungskämpfe“ zwischen denen, die immer da waren und
denen, die neu hinzukommen, verhindert.
Staatsministerin Aydan Özoğuz hatte es kurz zuvor, am 21. September
2016, in einem „Strategiepapier“ bereits auf den Punkt gebracht: „Wir
stehen vor einem fundamentalen Wandel. Unsere Gesellschaft wird weiter
vielfältiger werden, das wird auch anstrengend, mitunter schmerzhaft
sein. Unser Zusammenleben muss täglich neu ausgehandelt werden.“
Nun zieht Altmaier nach, wenn auch vorsichtiger. Die letzten
Überreste der originalen CDU sollen nicht zu sehr verschreckt werden.
Zwischen „Alteingesessenen“ und „Neuen“ solle eine gemeinsame
„Leitkultur“ ausgehandelt werden. Großzügig gesteht Altmaier noch zu,
dass ein Land sich „mit seinen wesentlichen Eigenschaften präsentieren“
dürfe, schließlich müssten die Migranten wissen, „ wie es funktioniert“.
Alles andere ist offensichtlich Verhandlungssache.
Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion, Cemile Giousouf hat schon
verkündet, wie es künftig laufen soll. Sie sagte im „Tagesspiegel“:
„Das wird mit allen am runden Tisch ausgehandelt“.
„Migrationsexperten“, etwa der Rat für Migration, ein Zusammenschluss
von Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, so der
„Tagesspiegel“, drängen seit Jahren auf ein „Leitbild“ für die Einwanderungsgesellschaft. Dafür sei aber ein Austausch über gemeinsame Werte zwischen alteingesessenen und neuen Deutschen nötig.
Welche „gemeinsamen Werte“ es für aus tribalistischen,
frauenfeindlichen, homophoben Gesellschaften stammenden Migranten und
selbstbestimmten, emanzipierten Frauen geben soll und was bei solchen
„Verhandlungen“ unter den runden Tisch fällt, dazu sagen Altmeier und
Giousouf vor der Wahl noch nichts.
Aber alle Wähler sollte sich bei der Wahl genau überlegen, wen sie
mit ihrer Stimme unterstützen. Die Merkel-Altmaier-Giousouf-CDU
jedenfalls stellt die emanzipatorischen Errungenschaften , für die
Generationen im Westen erfolgreich gekämpft haben, zur Disposition.
http://vera-lengsfeld.de/2017/08/23/cdu-entsorgt-die-westlichen-werte/#more-1626
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