Friday, April 07, 2017

Terror, Russland,Syrien, die USA und ie Reaktionen: Frau Wagenknecht und die Frage der Heuchelei

 Frau Wagenknecht und die Frage der Heuchelei
Sarah Wagenknecht, Moralweltmeisterin der deutschen „Links“-Partei, fand anlässlich eines Auftritts bei Maybrit Illner, dass Trumps „Heuchelei nicht zu überbieten“ wäre. Ich bin sehr zuversichtlich, dass genau das Frau Dr. Wagenknecht bereits gelungen ist.


Ein Kommentar von Ramiro Fulano


Heuchelei bedeutet nach landläufiger Definition, mit zweierlei Maß zu messen und jene Standards, an denen man andere misst, für sich selbst gerne außer Kraft zu setzen. Das kann zweckdienlich sein, wenn man sich auf die Dummheit und/oder Vergesslichkeit seiner politischen Kundschaft verlassen kann. Und das kann Frau Dr. Wagenknecht anscheinend.

Leider muss man inzwischen an die Definition von Heuchelei erinnern, denn auf den Papageienschulen der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaften bringt Euch so etwas niemand mehr bei, liebe Teenager. Warum auch - sonst werdet Ihr womöglich zu unbequem für die linksalternativen Oberstudiendirektorinnen jederlei Geschlechts.

Wenn Frau Dr. Wagenknecht nun also versucht, die moralische Verantwortung für die US-Intervention in Syrien Donald Trump in die Schuhe zu schieben, wäre sie daran zu erinnern, dass diese Intervention bereits seit vielen Jahren läuft und von Präsident Obama gestartet wurde.

Bei sorgfältiger historischer Betrachtung erweist es sich also zunächst einmal als die Verbreitung von Lügen, was das selbsternannte Spitzenprodukt der deutschen Linken bei Maybrit Illner versucht hat.

Eine Heuchelei wird daraus erst, wenn man sich vor Augen führt, wie Frau Dr. Wagenknecht und ca. 80% des politischen und medialen Establishments auf den Terror-Anschlag in St. Petersburg reagiert haben: Nämlich entweder gar nicht, weil es gerade etwas Besseres zu tun gab. Oder mit einer verschwiemelten Mischung aus „selbst Schuld“ und „geschieht Euch Recht, warum wählt Ihr auch den Putin“.

Frau Dr. Wagenknecht hat zumindest auf Twitter nicht öffentlich auf den Terroranschlag von St. Petersburg reagiert. Vermutlich gab es gute Gründe dafür. Ich vermute jedoch, dass diese Gründe nichts damit zu tun hatten, dass der Schock Frau Dr. Wagenknecht die Sprache verschlagen hatte.

Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich davon aus, dass die übliche Solidarisierung mit den Opfern am 3. April unterbleiben musste, weil die ermordeten Zivilsten aus Sicht von Frau Dr. Wagenknecht schlicht und einfach das falsche Profil hatten. Anders gesagt: Weil es sich um Russinnen und Russen handelte. Und so ein Messen mit zweierlei Maß nennt sich nach landläufiger Duden-Definition nun mal Heuchelei. Die sich in diesem Fall durch eine besondere Menschenfeindlichkeit auszeichnet.

In ihrer Funktion als russische Staatsbürger passten die realexistierenden Terror-Opfer in St. Petersburg der Linken politisch nicht in den Kram. Da hörte die Solidarität dann ganz plötzlich auf, denn am Ende findet noch jemand diesen Putin sympathisch. Russen sind Opfer zweiter Klasse. Nicht wahr, Frau Dr. Wagenknecht?
Aber auch Ulf Poschardt, bei der Welt zuständig fürs Trump- und Brexit-Bashing-Ressort, twitterte 3. April so quietschvergnügt wie auch sonst vor sich hin. Aber die „Free Deniz“ Kampagne und seine tendenziöse, EU-politisch gefällige Hofberichtserstattung zum Gibraltar-Konflikt ließen Herrn Poschardt offensichtlich keine Zeit für menschliche Regungen, oder auch nur für Mitleid mit den Opfern: Er musste eben noch die Welt retten.
Das wäre selbstverständlich kaum der Rede wert, wenn er oder Frau Dr. Wagenknecht zu anderen Anlässen nicht nur zu bereit wären, für sich einen besonderen moralischen Führungsanspruch zu reklamieren und das damit verbundene Privileg, im Interesse der Öffentlichkeit (und ihres Girokontos) zwischen Gut und Böse zu unterscheiden.

Doch für Deutschlands selbsternannte Moralweltmeister hieß es am 3. April offensichtlich: Terror ist nicht gleich Terror. Es gibt anscheinend Anschläge auf Zivilisten, die „besser“ und solche, die „schlechter“ in ihr politisches Konzept passen. Und Putins Zivilisten rangieren offensichtlich ganz unten in der etablierten Opferhierarchie.

Frau Dr. Wagenknecht und Herr Poschardt sind selbstverständlich nur Beispiele eines allgemeinen Trends. Und während es bei Frau Dr. Wagenknecht vielleicht daran liegen kann, dass sie es den Russen nie verzeiht, dass es ihnen nach sieben Jahren Putin besser ging als nach siebzig Jahren Sozialismus, würde ich Herrn Poschardt einfach nur jene vollpfostenhafte Merkfreiheit unterstellen, die man wahrscheinlich braucht, um in Friede Springers Qualitätsprodukt ein mittelgroßes Rad zu drehen.

Selbst Karin Göring-Eckardt von den Ökopathen, selbsternannte Expertin für Emotionsmanagement nach schweren Terroranschlägen, fand am 3. April den Weg auf Twitter. Sie ließ zwar nur eine der handelsüblichen Betroffenheits- und Solidaritäts-Adressen nach dem Muster „Nichtzutreffendes bitte streichen“ vom Stapel, aber immerhin.

Ähnlich Cem Özdemir, der sich zu diesem Anlass zwar untypisch kurzfasste, aber das immerhin auf Englisch, mithin also in einer auch im Ausland verständlichen Sprache. Weder ihm noch Frau KGE kann einer einen Vorwurf machen.

Aber wo blieb die allgemeine Hashtag-Lawine? Wo blieben die „I am St. Pete“ Schildchen? Wieso lagen keine Blumen und Teddy-Bären vor der Botschaft jenes Staates, der gerade eine bestialische Attacke auf Zivilisten erlitten hatte?

Wieso wurden diesmal keine Eiffel-Türme, Brandenburger Tore oder Big Bens in den russischen Landesfarben angestrahlt? Muss wohl daran liegen, dass es sich um Putins Russen handelte. Falsche Opfergruppe – gehen wir schnell wieder zur Tagesordnung über, nicht wahr, liebe Qualitätsmedien, lieber Staatsfunk, liebe offizielle Politik?

Mit der bemerkenswerten Ausnahme des Rathauses von Tel Aviv wurden nirgends auf der Welt irgendwelche Wahrzeichen illuminiert – nichts, nada, nothing. Die handelsüblichen, der Terror-Bestie geltenden Beschwörungsrituale der Betroffenheitsbranche glänzten durch Abwesenheit.
Was das linksalternative Milieu in Medien und Politik mit Solidarität verwechselt, würde ich nicht mal meinen Feinden wünschen.

PS: Allen, die über belastbare Englischkenntnisse verfügen, sei Katie Hopkins Kolumne in der Daily Mail empfohlen. http://www.dailymail.co.uk/news/article-4379394/KATIE-HOPKINS-Don-t-liberals-care-Russian-victims.html


Foto: Sarah Wagenknecht (Foto: Foto: Sven Teschke / , via Wikimedia Commons)
 http://haolam.de/artikel_28837.html

No comments: