In Ägypten hat der Hoffnungsträger aller Freundinnen und Freunde des “arabischen Frühlings” sich hinter einem Panzerbataillon vor seinem Präsidentenpalast verschanzt, denn aus Sicht der Salafisten sind die Moslembrüder, insbesondere Herr Mursi selbst, wohl nicht “demokratisch”, auf keinen Fall aber “politisch” genug.
Das ist ein Schlag ins Gesicht für all jene “Experten”, die sich von der Absetzung Mubaraks versprachen, nun würde in Ägypten endlich alles gut. Erwarten Sie bitte nicht, dass dieselbe Frühlingsjournaille ihren Fehler einsehen wird und Besserung gelobt – beileibe nicht.
Stattdessen wird weiter ins selbe Horn gestoßen, wie zuvor. Nachdem sich herumgesprochen hat, dass Mursi diesseits der Sharia immer noch das Beste ist, was Ägypten passieren kann, gilt der präsidiale Moslembruder geradezu als Inbegriff des demokratischen Aufbruchs und der Menschenrechte.
Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre: Denn diejenigen gesellschaftlichen Kräfte in Ägypten, die den Reformprozess auf dem Tahrir-Platz überhaupt erst angestoßen haben, haben bei den zurückliegenden Parlamentswahlen nicht mal drei Prozent der Stimmen bekommen.
Demokratie entwickelt sich nicht per Dekret oder über Nacht, sondern funktioniert nur in einer demokratischen Gesellschaft. Die Revolte konnte deshalb – nach bestem historischen Vorbild, der französischen Revolution – nur zu leicht von ihren Feinden gehijacked werden; ob sie in einem Anfall von Staatsterorismus nach dem Vorbild des Terreur, der jakobinischen Schreckensherrschaft, weitergehen wird, bleibt abzuwarten.
Fakt ist, dass Herr Mursi nun vom Militär beschützt werden muss. Und zwar, nachdem Frau Clinton und Herr Obama ihm ihre unverbrüchliche Treue geschworen und ihm die regionale Ordnungsmacht und Führungsrolle “in der arabischen Welt” angeboten haben; in den Gesprächen, die im Hintergrund zu den Waffenstillstandsverhandlungen der “Operation Staubsäule” abliefen und selbstverständlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sind.
Dieses Angebot hat offenbar zur Folge, dass eine “salafistische”, angeblich von Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten (Bahrain? Qatar?) finanzierte Bewegung das Ruder auf der ägyptischen Straße übernimmt und auch Herr Mursi sich wohl bald in den Untergrund begeben wird – oder ist unter dem ägyptischen Präsidentenpalast etwa kein Bunker eingebaut?
Herr Mursi würde damit dem Vorbild des in letzter Zeit etwas lichtscheuen syrichen Potentaten nacheifern, der in seinem marmorgefliesten Mausoleumsverließ seit Monaten mehr oder weniger lebendig begraben ist und erst herauskriechen wird, wenn sich ein Drittland (Russland?) zu seinem Asyl hergibt; die Rede ist natürlich von Syriens Machthaber und Massenmörder Assad.
Nun hat es Leute gegeben, die bereits zu Beginn der panarabischen Unruhen die Vorstellung beschlich, es könnte mit diesem “Frühling” auch ganz leicht nach hinten losgehen, und die ganze “Revolution” in einem doch recht frostigen Winter enden. Das waren selbstverständlich nicht die offiziellen “Experten”, wie etwa das Hamburger Orient-Institut, denn die denken heute noch, der von ihnen herbeigeredete “arabische Frühling” wäre das Beste seit der Erfindung von Instant-Falafel-Mix; diese Heitschi-Bumbeitschi-”Analysen” sind übrigens auch am Werderschen Markt sehr beliebt.
Reservierte Prognosen angesichts der panarbischen Unruhen waren und sind für die in Deutschland veröffentliche Meinung keineswegs relevant und stattdessen wärmt man sich hierzualnde weiterhin an der Wunschvorstellung, Freedom & Democrarcy wären auch ohne Re-Education zu erhalten.
Gerrit Liskow via haolam
No comments:
Post a Comment